16. Juni 2011

Für die Alpen-Initiative ist es unverständlich, dass die Mehrheit im Bündner Kantonsparlament weiterhin auf eine zweite Röhre am Gotthard setzt. Sie ignoriert dabei die Pläne des Bundes und den Volksentscheid in Uri vom 15. Mai. Zudem gefährdet sie die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Dies zum Schaden auch des Kantons Graubünden.

Der Bündner Grosse Rat hat es verpasst, die Weichen richtig zu stellen. Sinnvoller als nach einer zwei-ten Röhre zu rufen wäre es gewesen, das Sanierungskonzept für den Gotthard-Strassentunnel zu optimieren. Dabei decken sich die Grundanliegen der Gebirgskantone:

Es darf während der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels keinen Umwegverkehr über andere Pässe geben.
Wirtschaftliche Nachteile für die betroffenen Regionen müssen vermieden und allenfalls entschädigt werden.
Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene hat oberste Priorität. Das dient allen Kantonen entlang der Gotthard-, der San Bernardino- oder der Simplon-Route.
Der Schlüssel für die Verkehrsbewältigung bei gesperrtem Gotthardtunnel liegt auf der Schiene. Die Bahn kann den Nord-Süd-Verkehr aufnehmen: Im bestehenden Bahntunnel Göschenen-Airolo wird nach den Plänen des Bundes ein Autoverlad eingerichtet, im neuen Basistunnel Erstfeld-Biasca ein Lastwagenverlad. Die Alpen-Initiative hat darauf aufmerksam gemacht, wie das vom Bund angedachte Sanierungskonzept (Variante 3) im Sinne der betroffenen Kantone verbessert werden kann:

Die Bauarbeiten am Gotthard werden auf das verkehrsschwache Winterhalbjahr beschränkt, im Sommer soll die Strassenröhre offen sein. Im Winter kann der Autoverlad problemlos alle Autos aufnehmen. Das bestätigen die Fachleute vom BLS-Autoverlad am Lötschberg.
Der Lastwagenverkehr wird auf allen Pässen durch ein Reservationssystem oder eine Alpen-transitbörse auf die von Verfassung und Gesetz verlangte und vom Lastwagenverlad zu bewältigende Anzahl reduziert. Das entspricht gegenüber heute einer Halbierung.
Diesen Massnahmen dienen auch den Bündnern. Werden sie durchgesetzt, so fahren deutlich weniger Lastwagen durch die Alpen – auch auf der San-Bernardino-Route. Eine zweite Strassenröhre am Gotthard hingegen sabotiert die Schweizer Verkehrspolitik und legt der EU den roten Teppich aus, um die freie Fahrt durch die Alpen zu fordern. Das heisst: Mit einer zweiten Röhre am Gotthard hat die Schweiz nicht weniger, sondern mehr LKWs – auch am San Bernardino. „Mit diesem Entscheid macht sich die Bündner Politik unglaubwürdig“, sagt Jon Pult, Bündner Grossrat und Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative.

Zur Erinnerung: Das Bündner Volk hat sich schon zwei Mal an der Urne überaus klar gegen eine zweite Röhre am Gotthard ausgesprochen (1994, 2004). Die Urner Stimmberechtigten haben überdies am 15. Mai 2011 eine zweite Röhre erneut deutlich abgelehnt.

Kontakt:
→ Alf Arnold, Geschäftsführer Alpen-Initiative, 079 711 57 13
→ Fabio Pedrina, Präsident Alpen-Initiative, 079 249 29 42
→ Jon Pult, Bündner Grossrat SP, Vorstand Alpen-Initiative, 076 508 16 33