11. April 2019

Der Klimawandel wirkt sich in den Alpen schneller und stärker aus als anderswo. Die Folgen für die Bevölkerung und die Biodiversität sind fatal. Derweil gibt es für die Lastwagen, die durch die Schweizer Alpen donnern, bis heute keine CO2-Reduktionsziele.

cb. Dieser Winter war einmal mehr ausgesprochen mild. Der letzte Herbst auf der Alpennordseite extrem trocken, auf der Südseite extrem warm mit Starkniederschlägen. Und der Sommer? 2018 erlebten wir einen weiteren Hitzesommer – es war die drittwärmste Periode seit Messbeginn: In den Alpen versiegten mancherorts die Quellen und Kühe mussten per Helikopter mit Wasser versorgt werden.

Das sensible Ökosystem in den Alpen leidet besonders unter dem Klimawandel und den damit verbundenen Wetterextremen (siehe Interview Seite 3). Wussten Sie, dass die Temperaturen in den Alpen rund doppelt so stark angestiegen sind wie im globalen Durchschnitt? In den Alpen wurde die 2-Grad-Grenze bereits erreicht – das Pariser Klima-Abkommen hat zum Ziel, die globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen! Die Folgen des Klimawandels manifestieren sich daher in der alpinen Region besonders stark und schnell. Das sichtbarste Zeichen für den Klimawandel sind die rasant schmelzenden Gletscher. Ein Beispiel: Der Morteratschgletscher (GR)  ist seit 1990 um über 1000 Meter zurückgegangen – davon rund ein Drittel in den letzten fünf Jahren.

Für die Bewohnerinnen und Bewohner in den Alpen ist der Klimawandel durch die direkten Auswirkungen auf die Lebens- und Wirtschaftsweise und das erhöhte Risiko von Naturkatastrophen besonders stark spürbar. Zahlreiche Infrastrukturen sind in den alpinen Regionen zudem auf Permafrostböden gebaut – und diese tauen rasant schnell auf. Durch das Auftauen des Permafrosts nimmt die Stabilität des Gesteins drastisch ab. Dadurch steigt die Gefahr von Felsstürzen und Murgängen wie jenem im August 2017 in Bondo (GR).

Der Klimawandel bedroht auch die aussergewöhnliche Artenvielfalt in den Alpen. Jedes Grad Temperaturerhöhung hat fatale Folgen für die stark an ihren extremen Lebensraum angepassten Alpenpflanzen. Sie weichen in höhere Lagen aus – so weit sie können. Echte Arnika, Preiselbeere – immer mehr Pflanzen, die herkömmlich in tieferen Lagen vorkommen, sind bereits bis auf die Gipfel geklettert.

Klimasünder Lastwagen

Angesichts des Klimawandels ist es mehr als ein Skandal: Bei den Lastwagen ist punkto CO2-Emissionen nichts gegangen. Ein Lastwagen stösst praktisch gleich viel CO2 aus wie vor 30 Jahren. Dies geht aus der Studie «Entwicklung der CO2-Emissionen schwerer Güterfahrzeuge» hervor, die das Berner Umweltplanungsbüro KBP im Auftrag der Alpen-Initiative verfasste und die wir im Dezember 2018 an einer Medienkonferenz in Bern vorstellten.

«Die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid des Strassengüterverkehrs sind kontinuierlich verschärft worden. Entsprechend sind die Emissionen dieser Luftschadstoffe im Vergleich zum Jahr 1990 um mehr als 80 % zurückgegangen. Beim CO2-Ausstoss konnten demgegenüber keinerlei üVerbesserungen erzielt werden», sagte Res Isler, Mitinhaber des Umweltplanungsbüros KBP, an der Medienkonferenz. Der Strassenverkehr verursacht in der Schweiz über einen Drittel der gesamten CO2-Emissionen. Und Lastwagen sind aktuell hierzulande für rund 11 % dieser Emissionen verantwortlich. Im Gegensatz zu den Autos gelten für Lastwagen in der Schweiz bis heute keine CO2-Reduktionsziele. «Die Zeit drängt: Um die Klimaerwärmung zu stoppen und die Reduktionsziele des Pariser Abkommens zu erfüllen, muss der CO2-Ausstoss in allen Bereichen reduziert werden», sagte Jon Pult vor den Medien.

EU zeigt, wie es geht

Die EU hat im Februar 2019 erstmals CO2-Vorgaben für Lastwagen beschlossen: Bis 2030 müssen in der EU neu zugelassene Lastwagen ihren CO2-Ausstoss im Durchschnitt um 30 % verringern. Der Bundesrat muss nun handeln! Wir setzen uns mit voller Kraft dafür ein: mit Lobbying, Kampagnen und Sensibilisierungsarbeit. Es geht um die Zukunft der Alpen!

Die Alpen-Initiative fordert:

  • Wie für Autos braucht es auch für Lastwagen CO2-Emissionsvorschriften.
  • Lastwagen, die mehr CO2 ausstossen, sollen höhere Gebühren bezahlen als jene, die klimaschonender unterwegs sind. Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) muss dazu mit einem CO2-Element ergänzt werden.
  • Der Bundesrat muss Anreize schaffen, um den bereits vorhandenen Technologien zur Reduktion des Dieselverbrauchs zum Durchbruch zu verhelfen.