11. Dezember 2009

In der Diskussion um das Verhältnis von Volksinitiativen zum internationalen Recht wird die Alpen-Initiative zu Unrecht zusammen mit Minarett-Initiative und Ausschaffungsinitiative erwähnt. Die Alpen-Initiative verletzt kein zwingendes Völkerrecht.

Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat gegenüber Radio DRS erklärt, die Alpen-Initiative sei – gleich wie die Minarett- und die Ausschaffungsinitiative – völkerrechtlich problematisch. Die Alpen-Initiative legt Wert darauf, folgende wesentlichen Unterschiede hervorzuheben:

1. Das von der Alpen-Initiative tangierte Völkerrecht hat keinen zwingenden Charakter. Es gibt kein Menschenrecht auf freien Gütertransport durch die Alpen.

2. Die Alpen-Initiative konnte nach der Volksabstimmung verfassungs- und völkerrechtskonform ausgelegt werden.

3. Die Alpen-Initiative tangiert vor allem Abkommen mit der Europäischen Union. Hier aber gilt anzumerken: Die Alpen-Initiative war bereits eingereicht, als Bundesrat und Parlament das Transitabkommen mit der EU abgeschlossen haben. Die Initiative wurde im Mai 1990 eingereicht, das Transitabkommen wurde erst zwei Jahre später, am 2. Mai 1992, abgeschlossen und im Dezember 1992 vom Parlament genehmigt. Es ist inzwischen ausgelaufen. Das aktuelle Landverkehrsabkommen mit der EU wurde überhaupt erst nach der Volksabstimmung vom 20. Februar 1994 über die Alpen-Initiative ausgehandelt. Der Vertragsabschluss erfolgte fünf Jahre danach, am 21. Juni 1999.

Die Chronologie zeigt, dass die bessere Vorprüfung allein Konflikte mit dem internationalen Recht nicht ausschliesst. Sollen die Volksrechte garantiert werden, so ist dafür zu sorgen, dass Bundesrat und Parlament zwischen Einreichung und Abstimmung über eine Volksinitiative nicht Fakten – sprich internationale Vereinbarungen – schaffen, welche die Umsetzung eines hängigen Volksbegehrens erschweren oder verunmöglichen. Genau hier – und nur hier – liegt heute das Problem der Alpen-Initiative.

Hätte das Landverkehrsabkommen nicht 40-Tonnen-Lastwagen zugelassen, so hätte die LSVA, die 1994 gleichzeitig mit der Alpen-Initiative beschlossen wurde, effektiv verlagernde Wirkung gehabt. Heute kompensiert sie nur den Produktivitätsfortschritt der höheren Gewichtslimite. Ohne Landverkehrsabkommen wäre die Schweiz auch bei der Gestaltung der geplanten Alpentransitbörse oder der Einführung anderer Massnahmen zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene freier, als sie es heute ist.

Kontakt:
→ Alf Arnold, Geschäftsführer Alpen-Initiative, 079 711 57 13