6. Juni 2006

Die Bevölkerung hat sich in den letzten 20 Jahren mehrfach für die Stärkung des öffentlichen Verkehrs und für eine Verlagerung, vor allem des Güterverkehr, von der Strasse auf die Schiene ausgesprochen.

Das hat am 6. Dezember 1987 mit dem Bundesbeschluss zum Konzept Bahn 2000 angefangen. Und das fand eine Fortsetzung am 27. September 1998, als die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) deutlich befürworteten. Diese Abgabe ist ein zentrales und fortschrittliches Element unserer Verkehrspolitik. Um diese LSVA beneiden uns alle EU-Länder. Unsere Nachbarn bemühen sich seit Jahren ein ähnliches System auf die Beine zu stellen. Die LSVA hat sich bewährt. Sie ist auch ein erfolgreiches Beispiel für das Verursacherprinzip. Wer Kosten verursacht, soll diese übernehmen. Der Schwerverkehr verursacht Kosten durch Gesundheits- und Gebäudeschäden, durch Unfälle und Lärm. Mit der Schwerverkehrsabgabe werden diese Kosten zumindest teilweise abgegolten. Diese Abgabe brachte auch eine Effizienzsteigerung für die gesamte Branche. Die Flotte wurde schneller erneuert. Die Laster sind heute emissionsärmer. Es gibt weniger unnötige Transporte. Zwischen 2000 und 2005 ging der Schwerverkehr insgesamt um 9 Prozent zurück. Gegen 40 Prozent dieser Reduktion ist auf die LSVA zurückzuführen. Der Transitverkehr ging zwischen 2004 und 2005 um 4 Prozent zurück. Das zahlt sich aus für Mensch und Umwelt. Sechs Jahre nach der Einführung der LSVA ist der von Lastern verursachte Ausstoss an klimaschädlichem CO2 und Stickstoff (NOX) um 6-8 Prozent zurückgegangen. Dies zeigen neueste Schätzungen. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Die LSVA ist ein Erfolgsrezept. Aber die Umweltbelastung ist immer noch zu hoch. Es besteht weiterhin ein hoher Handlungsbedarf. Wir würden alle bisherigen verkehrspolitischen Bemühungen zunichte machen, wenn wir jetzt die vorgesehene Erhöhung der LSVA um sieben Jahren verschieben – wie das die Strassenlobby in einer Petition fordert. Die Schwerverkehrsabgabe muss mit der Teuerung nach oben angepasst werden. Diese zweite Erhöhung hat die Schweiz gemeinsam mit der Europäischen Union (EU) schon beschlossen. Ich wundere mich, wie das Schweizer Transportgewerbe nun argumentiert: Die Erhöhung treffe vor allem die Schweizer Transporteure. Weil ihr Anteil an Lastwagen mit der schlimmsten Euro-0-Norm höher ist als bei ausländischen. Das Schweizer Transportgewerbe hat in den letzten Jahren seine Hausaufgaben nicht gemacht. Die Schweizer Fuhrhalter haben ihre Flotte im Gegensatz zum Ausland nicht erneuert. Zum Beispiel sind 60 Prozent der im Tessin immatrikulierten Laster Dreckschleudern und müssen darum mehr LSVA bezahlen. Zum Vergleich: Bei den ausländischen Lastwagen auf der Nord-Süd-Achse trifft es dagegen nur 8 Prozent. Sollen wir also alle jene Transporteure belohnen, die auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung herumfahren, indem wir auf eine Erhöhung der LSVA verzichten? Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die LSVA auch zu einer Effizienzsteigerung führt. Es kann ein zusätzlicher Anreiz sein für die Erneuerung der Lastwagen- Flotte. Das bringt bessere Luft, weniger Gesundheitskosten und mehr Effizienz für die Transportgewerbe. Denken Sie nur einmal an den gefährlichen Feinstaub. In der Schweiz sterben jährlich mehr als 3700 Personen frühzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung. Drei Millionen Menschen atmen zu viel Feinstaub ein. Diese Partikel führen zu tödlichen Krankheiten wie Krebs. Die Dieselmotoren von Lastwagen sind die Hauptverursacher für die ultrafeinen Feinstaubpartikel. Der Schwerverkehr allein verursachte im Jahr 2000 Gesundheitskosten in Höhe von 654 Millionen Franken (Zahlen publiziert 2005). Der VCS ist über diese Entwicklung alarmiert. Die Konzentration von Feinstaub und Ozon in unserer Luft ist vor allem in den Agglomerationen und entlang der Nord-Süd- und der West-Ost-Achse äusserst Besorgnis erregend. Weitere Massnahmen müssen ergriffen werden. Der VCS verlangt deshalb nicht nur die dringend nötige Erhöhung der LSVA sondern zusätzlich auch Partikelfilter und DeNOx-Katalysatoren für alle Lastwagen. Was der Filter gegen den Feinstaub ist, ist der DeNox-Katalysator gegen das Ozon. Die Lastwagen könnten im Gegenzug von einer tiefern LSVA-Emissionsstufe profitieren. Und bezahlen so weniger Abgaben. In zwei bis drei Jahren (beziehungsweise nach 200’000 Kilometer) ist der Kauf eines Partikelfilters amortisiert. Für Lastwagen, die den Filter nicht amortisieren können, sind andere Lösungen möglich. Die Filterpreise werden zudem sinken, wenn im Sinne gesundheitspolitischer Überlegungen alle Camions nachgerüstet werden müssen. Der Aktionsplan gegen Feinstaub, der bisher nur ein Partikelfilter-Obligatorium für neue Personenwagen vorsieht, muss entsprechend angepasst, um die Ozonproblematik erweitert und endlich umgesetzt werden. Zudem fordert der VCS den Bundesrat auf, auch die Kleinlastwagen (Camionettes) von 2,5 bis 3,5 Tonnen Gewicht in die LSVA aufzunehmen. Der VCS will diesen Forderungen mit einem Appell Nachdruck verleihen. Alle Personen können ihn unterschrieben (www.pm10.ch). Der Appell soll insbesondere allen Direktbetroffenen zu Gute kommen, den Bewohner/innen entlang den grossen Verkehrsachsen und Personen, die unter der zunehmenden Luftverschmutzung leiden.