5. Oktober 1999

Eine effizientes Verkehrssystem für ganz Europa Die europäische Schwerverkehrsabgabe soll das bisherige starre Kostensystem von zeitabhängigen Abgaben, wie z.B. Strassenbenützungabgaben oder Vignetten, bei dem alle gleich viel bezahlen, egal wie weit sie fahren und wieviele Kosten sie verursachen, von einer flexiblen „Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe” abgelöst werden. Mit einer derartigen Abgabe können die tatsächlich verursachten ökonomischen und ökologischen Kosten direkt beim Verursacher erhoben werden. Das macht also sowohl für die Regierungen als auch für die betroffenen Regionen und die Bevölkerung an den Transitstrassen Sinn. Eine innovative Abgabe, die ökologisch und ökonomisch Sinn macht Eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe bietet die Möglichkeit, die tatsächlichen Kosten innovativ und flexibel zu berücksichtigen. Hierbei können auch die externen Kosten erfasst werden, wenn die Abgabe wie folgt ausgestaltet ist:Alle LKW werden in verschiedene Kategorien eingeteilt. -entsprechend ihrem zulässigen Gesamtgewicht, dem Volumen und ihren Emissionen (Lärm und Luftschadstoffe). Je nach Kategorie müssen unterschiedlich hohe Tarife bezahlt werden, und zwar pro gefahrenem Kilometer.
Die Abgabe wird auf allen Straßen erhoben. Eine Beschränkung auf die Autobahnen wäre kontraproduktiv, weil der Verkehr auf die kleineren Straßen in den Wohngebieten ausweichen und dort nur zusätzliche Probleme schaffen würde.
Bezahlt wird in der Region / in dem Land in dem gefahren wird. Eine elektronische Abbuchung ist möglich und auch sinnvoll.
Zum Schutz für besonders sensible Regionen, beispielsweise enge Gebirgstäler, können die Abgaben dort höher angesetzt werden.
Dass eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA) möglich und Stand der Technik ist, zeigt die Schweiz. Dort wurde 1998 die Einführung einer LSVA ab 1.1.2001 beschlossen. Der Beschluss des Parlaments wurde vom Schweizer Stimmvolk in einer Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit bestätigt, was beweist, dass Schwerverkehrsabgaben auch in der Bevölkerung mehrheitsfähig sind. Die LSVA wird auf dem gesamten Schweizer Strassennetz für jeden gefahrenen Kilometer erhoben werden, ausschlaggebend für die Höhe der Abgabe sind das zulässige Gesamtgewicht der Fahrzeuge und deren Emissionskategorie. Die elektronischen Abbuchungsgeräte werden derzeit in Feldversuchen getestet und ab dem ersten Quartal 2000 ausgeliefert..Entlastung für die Staatshaushalte – Verursacher zahlen selbst Nach dem Vorschlag der Petition sollen zeitabhängige Abgaben, wie z.B. Vignetten oder Strassenbenützungsabgaben durch die LSVA ersetzt werden. Auf jährlich 225 Mrd. ECU beziffert die EU ihre jährlichen externen Kosten durch den Straßengüterverkehr: Dabei machen die Kosten für die Verkehrsüberlastung 2% des BIP (Bruttoinlandsprodukt) aus, Unfälle 1,5% und Luftverschmutzung plus Lärm noch einmal 0,6%. Noch werden die externen Lasten auf die Staatshaushalte abgewälzt. Mit Hilfe der LSVA werden sie gerechter verteilt, denn die Verursacher müssen ihre Kosten dann selber zahlen. Für die Staatshaushalte eröffnen sich wirkungsvolle Sparmöglichkeiten, wie zum Beispiel im Gesundheitsbereich oder bei den Reparaturkosten für überbeanspruchte Straßen (1 LKW macht mehr Schäden als 100 000 PKW). Gleichzeitig werden umweltverträglichere Transportmittel wie die Bahn und Binnenschifffahrt konkurrenzfähig und die Umwelt damit effektiv entlastet. Bessere Wirtschaft, weniger Verkehr Noch weiterreichende positive Wirkungen rücken in greifbare Nähe: Eine Schwerverkehrsabgabe mit gerechteren Preise für Langstreckentransporte wird die große Zahl unsinniger Transporte reduzieren (Leerfahrten, Umwegtransporte und die berühmten Unterhosen, die fürs Nähen einer Naht nach Portugal und zurück gefahren werden). Das bringt neue Impulse für regionale Wirtschaftskreisläufe mit kurzen Transportwegen, bessere Chancen für qualitativ hochwertige Produkte aus der Nähe und last but not least einen starken Anreiz für Spediteure, auf emissionsarme LKW oder auf den Kombiverkehr mit Zug, Schifffahrt und LKW „umzusteigen”. Eine LSVA wird zu einer Initialzündung für eine sozial und ökologisch sinnvolle Verkehrspolitik. Ihre ganze Wirkung entfaltet sie aber erst dann, wenn sie europaweit flächendeckend gültig ist, und weitere Schritte sie ergänzen. Geld für vorsorgenden Umweltschutz Eine Schwerverkehrsabgabe sollte dazu beitragen, dass Umweltschäden durch den Straßengüterverkehr in Zukunft erst gar nicht mehr entstehen. Denkbar wären z.B. die Förderung des öffentlichen Verkehrs, Innovationsspritzen für moderne Beförderungssysteme umweltfreundlicher Verkehrsträger, Mittel für emissions- und lärmarme Fahrzeuge etc. Die neue EU-Verkehrskommissarin hat sich in ihrem Hearing vor dem EU-Parlament gegenüber der Verwendung von Schwerverkehrsabgaben für die Förderung umweltfreundlicherer Verkehrsträger sehr aufgeschlossen gezeigt. Einer Verwendung der Schwerverkehrsabgabengelder gemäss dem Vorsorgeprinzip steht also nichts entgegen.Warum eine Petition? Seit Jahren sprechen die europäischen Regierungen über Nachhaltigkeit im Güterverkehr. Sowohl die Umwelt- und Verkehrsminister als auch die Regierungschefs haben sich wiederholt geschlossen für die Integration des Umweltschutzes in die Verkehrspolitik ausgesprochen und bestätigt, daß die Folgen des Straßenverkehrs bislang weit unterschätzt würden und es nun allerhöchste Zeit zum Gegensteuern sei. Mit der Umsetzung der Erkenntnisse hapert es aber seit Jahren. Und das obwohl die Instrument für die Umsetzung einer nachhaltigen Verkehrspolitik längst zur Verfügung stehen. Das wurde auch von High Level Group der GD VII in ihrem 3. Bericht vom September dieses Jahres bestätigt. Unter dem Motto „Bessere Luft, weniger Lärm und faire Preise im Güterverkehr” wollen Umweltorganisationen nun die EU-Verkehrspolitik zum Handeln bringen. In der Hoffnung auf die neugewonnene Macht des Parlaments fordern sie dieses mit ihrer Petition auf, den notwendigen Gesetzgebungsprozess nun einzuleiten. Breite Unterstützung für eine neue Verkehrspolitik Wenn nichts geschieht, ist mit einer weiteren Verdoppelung des LKW-Verkehrs bis 2010 zu rechnen. In allen Kreisen wächst daher der Druck für die Schaffung von notwendigen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Verkehrspolitik und eine Eindämmung des Verkehrswachstums. Dies zeigt auch die Tatsache, dass die Petition für die Einführung einer europäischen Schwerverkehrsabgabe innerhalb weniger Monate von mehr als 470 Organisationen aus ganz Europa unterzeichnet wurde.