20. Februar 2003

Nationalrat Fabio Pedrina, Präsident des Vereins Alpen-Initiative
Das Gottharddrama und die darauf folgende Dosierung des Schwerverkehrs hat zwar die vom Verkehrsverlagerungsgesetz verlangte Stabilisierung des Transitverkehrs gebracht. Der Umschwung zur effektiven Reduktion des Schwerverkehrs ist aber noch nicht geschafft. Die Alpen-Initiative fordert die rasche Einführung eines Reservationssystems und darauf aufbauend eine Alpentransitbörse und vor allem den Verzicht auf jegliche Sparmassnahmen im Bereich der Verlagerungspolitik.

Die Strassenverkehrsstatistiken lassen noch keinen definitiven Schluss zu, welche Auswirkungen das Tropfenzählersystem tatsächlich hat, das im Oktober das restriktivere Einbahnsy-stem ablöste. Da der im Jahresverlauf sehr unterschiedlich starke Personenverkehr in diesem System Priorität geniesst und die Menge der zugelassenen LKW-Fahrten entsprechend ange-passt wird, ist ein ganzes Jahr als Beurteilungszeitraum nötig. Zudem fehlen in der Monats-statistik des Bundesamts für Raumentwicklung (ARE) nach wie vor Angaben über den Ver-kehr am Gr. St. Bernhard und am Simplon, der wegen der Beschränkung am Gotthard zuge-nommen hat. Der Vergleich mit den ausländischen Übergängen lässt vermuten, dass der Rückgang der Fahrten in erster Linie konjunkturell bedingt ist. Die Entwicklung auf der Schiene ist geprägt durch negative Ereignisse wie den Bergsturz auf der Luino-Linie und den Unfall in Chiasso sowie seit November die Sperrung des Monte Olimpino-Tunnels. Es zeigt sich dabei einmal mehr, wie abhängig unsere Verlagerungspolitik von der Politik unserer Nachbarländer ist. Die ausgebaute Rola am Lötschberg hat bisher kaum neuen Verkehr von der Strasse gewonnen, sondern nur zu einer Verlagerung vom Gott-hard auf die Simplon-Achse geführt. Der Kombiverkehr hat insgesamt auf Kosten des Wa-genlandungsverkehr zugelegt. Sicher lässt sich im Augenblick nur Eines sagen: Die Kurve Richtung Reduktion des Schwerverkehrs auf der Strasse ist auch neun Jahren nach Annahme des Alpenschutz-artikels durch das Volk noch nicht geschafft. Wir freuen uns festzustellen, dass einige unserer Forderungen, die wir vor Jahresfrist hier ge-stellt haben, ein positives Echo gefunden haben:  Der Bund hat für Reservationssystem und Alpentransitbörse einen Studienauftrag ausge-schrieben. Äusserungen aus der EU-Kommission zeigen, dass die Idee auch in Brüssel Fuss gefasst hat.  Mit dem Abkommen von Lugano haben Bahnen und Verkehrsminister einen weiteren Schritt zur Zusammenarbeit gemacht. Für uns war immer wichtig, dass die Politik den Bahnen beim schwierigen Problem des Grenzübertritts der Güter Hilfe leistet.  In seiner Eignerstrategie hat der Bundesrat der SBB einen klaren Auftrag für die Verlage-rung erteilt: Der Modal-Split soll jährlich um ein Prozent verbessert werden. Zur Errei-chung des vom Gesetz vorgegebenen Verlagerungsziels im Jahr 2009 müssten es aller-dings zwei bis drei Prozent sein.  Erfreulich ist auch der Entscheid von SBB Cargo, in Italien eine eigene Eisenbahngesell-schaft zur Abnahme des Verkehrs aus der Schweiz zu gründen. Die Erfahrungen mit dem Bergsturz auf der Luino-Linie und dem Wassereinbruch im Monte-Olimpino-Tunnel las-sen allerdings bezweifeln, ob die Probleme damit allein gelöst werden können. Negativ zu werten sind:  die Ablösung des Einbahnregimes durch das Tropfenzählersystem, ohne dass parallel ein Reservationssystem eingeführt worden wäre  das Vorantreiben von Projekten zur Schaffung von grossen LKW-Abstellplätzen. Noch immer vergeblich warten wir auf  verstärkte LKW-Kontrollen (die Kontrollzentren sind erst in Planung)  finanzielle Anreize für die Umrüstung von LKWs für den Kombiverkehr.  Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Chauffeure (die Motion Paul Rechsteiner ist noch hängig).  Überprüfung der Effizienz der Unterstützungsgelder für den Eisenbahngüterverkehr durch externe Experten Grosse Sorge bereiten uns die geplanten Sparmassnahmen, die der Bundesrat vor Monatsfrist vorgeschlagen hat. Das Parlament hat 1998 als flankierende Massnahme zum Landverkehrs-abkommen einen Rahmenkredit von 2,85 Milliarden Franken zur Unterstützung des Bahngü-terverkehrs während elf Jahren bewilligt. Die jetzt vorgeschlagene Einsparung von jährlich 75 Mio. Franken bedeutet eine Reduktion dieser Gelder um rund 25%! Dabei müsste eigentlich in diesen schwierigen Jahren der Übergangsphase mehr als die 300 Mio. aufgewendet werden, die pro Jahr maximal vorgesehen sind! Sparmassnahmen in diesem Bereich sind unredlich gegenüber dem Volk, dessen Angst vor einer 40-Tönner-Flut man vor der Abstimmung über die bilateralen Verträge mit dem Rah-menkredit besänftigt hat. Zudem lässt auch die Reduktion der FinöV-Gelder eine Verzöge-rung bei der Fertigstellung der NEAT befürchten. Die Alpen-Initiative fordert deshalb ent-schieden einen Verzicht auf diese Sparübung, die sich letztlich nur in mehr Umwelt- und Strassenschäden und zugleich Gesundheitsschäden manifestieren wird. Darüber reden kann man erst dann, wenn mindestens ein auf Sicherheit und Mengenbegrenzung ausgerich-tetes Reservationssystem eingeführt ist.