200 Personen, die sich für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit einsetzen, zogen mit ihrer Aktion am Fuss des Walliser Trient-Gletschers die Aufmerksamkeit von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern auf sich. Das Programm war reichhaltig und abwechslungsreich, und die Landschaft großartig. Nur der in den letzten Zügen liegende Trient-Gletscher lag wegen seines Abschmelzens viel zu weit entfernt.
Alle laufen sie an diesem Sonntag, dem 6. September 2020, im Gänsemarsch vom Col de la Forclaz in Richtung des Gletschers Trient VS. Versammelt haben sich zu kleinen Gruppen zusammengewürfelte Erwachsene aus allen Altersgruppen und Familien mit Kindern. Einige tragen Fahnen. Die Karawane von 200 folgen der Bisse durch Tannen- und Lärchenwälder hinauf bis zur Buvette du Trient. Unter der Hitze leiden die Wanderer nicht, der Himmel ist bedeckt. Alle sind wir heute hier, um die 500 Gletscher zu ehren, die in den letzten Jahren in der Schweiz verschwunden sind. In einer Stunde werden wir vor den kümmerlichen Überresten dieses einst herrlichen Trient-Gletschers stehen und ihm die Ehre zu erweisen.
Am Fusse dieses Walliser Gletschers haben sich rund zwanzig im Umweltschutz engagierte Organisationen versammelt. Sie erinnern heute daran, dass alles, was wir heute sehen, bis 2100 sicher verschwunden sein wird. Die Gletscherzunge des Trient-Gletschers hat in den letzten 30 Jahren fast einen Kilometer verloren. Gegenwärtig sind in der Schweiz bereits 500 Gletscher verschwunden, und gemäss einer Studie der ETH Zürich werden bei +2°C am Ende des Jahrhunderts nur noch 40 Gletscher übrigbleiben. Heute sind es noch 1400.
Ausbeutung und Überschwemmungen überlebt
Ende des 19. Jahrhunderts beutete man das Eis des Trient-Gletscher aus. Täglich wurden zwischen 20 und 30 Tonnen gefrorenes Wasser nach Martigny transportiert, wo es per Zug weiter verschickt wurde. In Genf, Lyon, Paris und Marseille diente es zur Kühlung der servierten Getränke. Der Gletscher hat auch schon heftige Überschwemmungen tapfer überlebt. Heute ist er wegen der globalen Erwärmung und der Menge an CO2, die durch menschliche Aktivitäten ausgestoßen wird, empfindlich geschwächt. In den letzten 30 Jahren hat sich der Gletscher jedes Jahr um mehrere Dutzend Meter zurückgezogen.
Das Klima-Allianz hat illustre Persönlichkeiten zu diesem Akt eingeladen. Star des Tages ist der Waadtländer Jacques Dubochet, der den Nobelpreis für Chemie erhielt und sich stark für die Sache des Klimas einsetzt. Es tat ihm offensichtlich im Herzen weh, zu sehen, wie schnell sich dieser Gletscher zurückzieht. In seiner Rede plädiert er eindrücklich dafür, die Nutzung fossiler Brennstoffe zu stoppen. Weitere Reden folgen und erstrecken sich über den ganzen Nachmittag. Olivier Couach, Stadtrat von Trient, bezeugt die Beschleunigung des Rückzugs des Gletschers in den letzten 10 Jahren. Er erinnert daran, dass der Gletscher 1980 noch bis zur Erfrischungsbar gereicht hat, während man heute eine gute Stunde zu Fuss gehen muss, um dorthin zu gelangen. Dieser Rückzug, so Couach, führe zu einer Zunahme der Naturgefahren. Erdrutsche, schmelzender Permafrost seien nur einzelne Beispiele. Léa Klaue, eine professionelle Snowboarderin will immer höher hinaus, ist auf stets auf der Suche nach mehr Piste und Pulverschnee, aber auch Sponsoren, die sie unterstützen. Dioe Bergwelt ist ihre Lebensgrundlage. Ihr Aufruf? Weniger vom Berg zu verbrauchen, denn „wir sind nur einzelne auf einem Gletscher, aber wir können grosse Schäden anrichten“.
Durcheinander geratene Jahreszeiten
Wenn in der Schweiz die Gletscher schmelzen, beeinflusst dies die Situation im Süden. Yvan Maillard Ardenti von „Brot für alle“ und César Murangira, ein Mitglied der ruandischen Diaspora, können dies bezeugen. Aufgrund von Dürre, stürmischen Winden und Bodenerosion wissen die Afrikaner nicht mehr, wann sie säen oder pflanzen sollen, so sehr sind die Jahreszeiten durcheinandergeraten. Marcelo Zamuriano, Doktor der Klimawissenschaften aus Bolivien, spricht für sein Land in den Anden und macht die gleiche Beobachtung: Die Gletscher schmelzen. Wie können wir das vermeiden? „Die Abholzung des Amazonasgebietes muss um jeden Preis verhindert werden“. Wenn wir Bäume fällen, können diese weniger Kohlenstoffdioxid aufnehmen und umwandeln, und es gelangt mehr CO2 in der Atmosphäre.
Was können wir tun?
Wir schöpfen Hoffnung, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Da ist zunächst einmal der Bundesrat, der die Vernehmlassung zum direkten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative eröffnet hat. „Die Dinge kommen nur langsam in Bewegung, aber es geht voran“, informiert Myriam Roth, Ko-Präsidentin der Gletscher-Initiative. Dann ist da noch der Kampf der Ältesten für den Klimaschutz, der heute von Anne Mahrer, der ehemaligen Stadträtin der Grünen/GE-Nationalversammlung und Ko-Präsidentin des Verbandes, vertreten wird. Sie erinnert daran, dass die Ältesten für den Klimaschutz 2016 eine Klage beim Bund eingereicht haben, in der sie eine Stärkung des Klimaschutzes im Hinblick auf die Grundrechte auf Leben und Gesundheit fordern. Diese Rechte werden derzeit durch das Versäumnis der Regierung verletzt, ernsthafte Schritte zur Bekämpfung des Klimawandels zu unternehmen.
Fotos des Anlasses : http://www.flickr.com/photos/klima-allianz-ch/