Echo Nr. 80
Das Volks-Nein zum Avanti-Gegenvorschlag hat die Schweizer Verkehrspolitiker offensichtlich kaum beeindruckt . «Das darf nicht sein», sagten sich die Sieger des 8. Februar 2004 und präsentierten einen eigenen Vorschlag zur Lösung der Verkehrsprobleme in den Agglomerationen.
aa. Trotz des deutlichen Neins der Schweizer Stimmbevölkerung zum Avanti-Gegenvorschlag wärmen die Verkehrspolitiker in Bern den Avanti-Topf nochmals auf. Die nationalrätliche Verkehrskommission hat der parlamentarischen Initiative, welche die CVP nach der Abstimmung vom 8. Februar 2004 eingereicht hat, Folge gegeben. Die Initiative unterscheidet sich freilich kaum vom abgelehnten Avanti-Gegenvorschlag: Sie verzichten auf eine zweite Röhre am Gotthard, will dafür aber den übrigen Strassenbau im Berggebiet fördern. Der vorgesehene Verkehrsfonds soll – wie gehabt – nicht nur dem Agglomerationsverkehr dienen, sondern unter dem Vorwand der Engpassbeseitigung auch den grenzenlosen Ausbau des Nationalstrassennetzes im ganzen Land fördern. Auch der Bundesrat will in seinen Vorschlägen die Hauptstrassen im Berggebiet ausbauen. Aus dem Infrastrukturfonds sollen entweder nur der Agglomerationsverkehr oder aber Agglomerationsverkehr und Nationalstrassenbau finanziert werden. Sämtlichen Vorschlägen aus Bundesbern fehlt eine klare Prioritätensetzung zugunsten des öffentlichen Verkehrs.
Fonds nur für den Agglomerationsverkehr Damit sind die Sieger der Avanti-Abstimmung natürlich nicht einverstanden. Zum Jahrestag der Avanti-Abstimmung präsentierten sie deshalb einen eigenen, besseren Vorschlag. Die Alpen-Initiative fordert zusammen mit VCS, WWF, Greenpeace und dem Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonalverband (SEV) einen aus Strassenmitteln finanzierten Fonds, der sich ausschliesslich auf die Agglomerationen und dort auf die Finanzierung von Projekten des öffentlichen Verkehrs und des Langsamverkehrs konzentriert. Für diesen Fonds soll der Bund in den nächsten 20 Jahren 7,75 Mia. Franken zur Verfügung stellen. Der Nationalstrassenbau hingegen soll wie bis anhin finanziert werden. Zusätzliche Strassenbau-Beiträge für Nicht-Agglomerationsgebiete lehnen die Umwelt- und Verkehrsorganisationen entschieden ab.
Mehr Geld für Bus und Bahn in den Randregionen Die Alpen-Initiative hat am Runden Tisch vom 1. April 2004 klar gefordert, dass ein mehrheitsfähiger Vorschlag auch die Interessen der Randregionen berücksichtigen muss und nicht nur die Agglomerationen fördern darf. Mit dem Ja zum Neuen Finanzausgleich am 28. November hat das Volk eine Verfassungsgrundlage für die Subventionierung des Agglomerationsverkehrs geschaffen. Der neue Verfassungsartikel Art. 86 BV ermöglichet zwar die Verwendung der Erträge aus Mineralölsteuern und Autobahnvignette für «Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in Städten und Agglomerationen». Strassengelder dürfen aber leider nicht für den öffentlichen Verkehr ausserhalb der Agglomerationen verwendet werden. Die Umwelt- und Verkehrsorganisationen schlagen deshalb vor, die Randregionen im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zum Neuen Finanzausgleich zu entschädigen. Bei der vorgesehenen Änderung des Eisenbahngesetzes soll der Bund die Abgeltungen an den Regionalverkehr in Randgebieten bei rund 80 Prozent belassen statt wie geplant auf 50 Prozent senken. Dafür dürfte der Prozentsatz bei den Agglomerationen etwas tiefer sinken. Damit stünden dem öffentlichen Verkehr in den Randregionen ohne Mehraufwand des Bundes jährlich rund 90 Millionen Franken zusätzlich zur Verfügung.
Engpässe auf den NEAT-Zubringern ungelöst Die Alpen-Initiative wollte mit dem Infrastrukturfonds auch zur Lösung der absehbaren Kapazitätsprobleme auf den Zulaufstrecken zur NEAT beitragen (vgl. Echo Nr. 78). Sie wird nun bei der Beratung der «Botschaft zur Kapazitätsanalyse Nord-Süd-Achsen des Schienennetzes und zur Trassensicherung für die zurückgestellten NEAT-Strecken» auf eine kurzfristige Lösung der dringendsten Probleme drängen. Der Nationalrat behandelt diese Botschaft im Frühling.