Die Alpen-Initiative, Greenpeace, der WWF und der VCS Schweiz protestieren gegen die bevorstehende Wiedereröffnung des Mont-Blanc-Tunnels für den Schwerverkehr. Sie verlangen stattdessen die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene, um die Menschen und die Umwelt zu schützen.
Die Wiedereröffnung des Tunnels wäre ein Schritt zurück ins verkehrspolitische Mittelalter. In ihren Reden nach dem Tunnelunglück im März 1999 forderten die PolitikerInnen einen möglichst sicheren, umwelt- und sozialverträglichen Verkehr. Die Rückkehr der Lkw an den Mont-Blanc würde all diese Worte zu leeren Lippenbekenntnissen degradieren. Die Sicherheitsvorkehrungen sind auch nach den Bauarbeiten ungenügend. Die Schweizer Umweltorganisationen nehmen die gemeinsame Pressekonferenz von über hundert Organisationen in Chamonix zum Anlass, ihre Solidarität mit der betroffenen Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen. Die gesamteuropäische Schwerverkehrszunahme und die damit verbundene Stausituation ist die Folge des ungebremsten Mobilitätswahns, der sich längst vom realen Wirtschaftswachstum enfernt hat. Wurden 1970 noch 27,8 Mio Tonnen über die Alpen verschoben, so waren es im Jahre 1999 bereits 126,5 Mio Tonnen. 1970 transportierte die Bahn 3,5 x mehr als die Strasse, 1999 beförderte die Strasse die doppelte Bahngütermenge über die Alpen. Strassentransporte sind eindeutig zu billig und kommen nicht für alle Schäden auf. Diese müssen dann von der Allgemeinheit getragen werden (Gesundheit, Umwelt, Klimaveränderung, Abnützung Infrastruktur). Die Situation am Mont-Blanc ist genau so wie jene am Gotthard ein Signal für die Notwendigkeit einer radikale Wende der europäischen Verkehrspolitik in Richtung Nachhaltigkeit. Gefragt ist eine Bahnoffensive zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Deshalb fordern die Schweizer Umweltorganisationen die Wiedereröffnung der Tonkin-Linie am Südufer des Genfersees. Als Zufahrtslinie zum Simplontunnel könnten die vorhandenen Kapaziätsreserven auf dieser Güterverkehrsachse optimal ausgeschöpft werden. Weiter sind Verbesserungen auf der Bahnlinie Lyon-Turin sowie ein Eisenbahn-Basistunnel durch den Mont-Blanc zu prüfen. An den Mittelmeer-Häfen müssen die Infrastrukturanlagen für den kombinierten Güterverkehr Schiff-Bahn zwingend ausgebaut werden und die europäischen Regierungen sollen den kombinierten Container-Transport auf Schiene und Strasse entschiedener fördern. Auch mit Blick auf die EU-Osterweiterung müssen Lösungen jenseits der gängigen Betonmentalität gefunden werden, wenn das Nord-Süd-Chaos nicht noch durch einen Ost-West-Dauerstau ergänzt werden soll. Neben der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene müssen weiter Massnahmen zur Verkehrsreduktion greifen. Unnötige Transporte sollen vermieden und regionalen Produkten den Vorzug geben werden.