4. Oktober 2002

Von Alf Arnold, Geschäftsführer der Alpen-Initiative
Schweizer Rahm wird bis zu 2000 Kilometer weit per Lastwagen durch Europa transportiert, um in Einweg-Spraydosen wieder in den Verkaufsregalen von Migros, Coop etc. zu landen. Solche Transporte sind Unsinn – sie könnten ohne grosse Einschränkungen vermieden werden.

Die Verpackungen der Rahmspraydosen mit Enzian und glücklichen Kühen suggeriert den VerbraucherInnen den Kauf eines original Schweizer Produkts. Aber: Schweizer Spraydosen-Rahm wird nicht in der Schweiz abgefüllt. Die Migros, beziehungsweise ihre Tochterfirma ELSA, lassen den Rahm in Belgien abfüllen. Die Aargauer Zentralmolkerei (AZM) macht dasselbe mit ihrem Floralp Rahm in Italien.
Das „Schweizer Produkt“ hat also in beiden Fällen rund 1500 Kilometer auf dem Lastwagen hinter sich. Rechnet man noch die Lieferdistanzen innerhalb der Schweiz hinzu (Anlieferung der Milch, Auslieferung des Produkts), hat der Rahm bis zu 2000 Kilometer zurückgelegt. Und in dieser Rechnung sind die Transportwege der aufwändigen Verpackung aus Stahlblech sowie die Leerfahrten der Tankwagen nicht berücksichtigt.

Ein Schweizer Produkt?
AZM: Die Floralp Spraydose ist mit einem Enzian geschmückt. Wer beginnt da schon an diesem „einheimischen“ Produkt zu zweifeln? Nur durch Lesen des Kleingedruckten erfährt der Konsument, dass der Rahm in Italien abgefüllt und in sehr voluminösen und aufwändigen Verpackungen wieder in die Schweiz zurück gefahren wird. Die AZM fährt alle zwei Wochen mit 15‘000 Liter Rahm von Suhr über die Alpen nach Ancona. Der Transport findet per Lastwagen statt. Für den Hinweg wird ein Tanklastwagen und für den Rückweg ein normaler Lastwagen benötigt, dies bedingt zusätzliche Leerfahrten.
ELSA: Die Migros Tochterfirma ELSA fährt einmal pro Woche per Lastwagen von Estavayer-le-Lac mit 12 Tonnen Rahm nach Belgien (Dilsen), um ihren Rahm dort in Spraydosen abfüllen zu lassen. Nur durch Lesen des Kleingedruckten erfährt der Konsument, dass der Rahm in Belgien abgefüllt und in sehr voluminösen und aufwändigen Verpackungen wieder in die Schweiz zurück gefahren wird. Auch bei der ELSA fährt der Tanklastwagen leer zurück.
Die weltweite Milchproduktion nahm zwischen 1968 und 1998 um 43 Prozent zu, der internationale Handel mit Milch ist hingegen während der selben Zeitspanne um über 172,4 Prozent gestiegen. Der oben geschilderte „Veredelungsverkehr“ ist ein konkretes Beispiel, dass die von Lebensmittel zurückgelegte Distanz immer weiter zunimmt.

Unnötiger Verkehr für ein überflüssiges Produkt
Der Transport von Rahm-Spraydosen erzeugt unnötigen Verkehr. Aber auch sonst handelt es sich um ein überflüssiges Produkt. Die Produzenten rechtfertigen dieses Produkt mit der Nachfrage der Kleinhaushalte, welche ihre Erdbeertorte mit Rahm verfeinern wollen. Kein Problem ohne Rahmspraydose! Rahm wird schliesslich täglich in der Küche gebraucht, für Kleinhaushalte gibt es praktische Klein Rahmpackungen à 1/8 Liter oder ¼ Liter.
Im weiteren verweisen die Produzenten auf die hohen Kosten einer eigenen Abfüllanlage. (ca. 7 Mio. CHF). Falls das Produkt wirklich einem Bedürfnis der Konsumenten entsprechen sollte, könnten Migros und AZM zusammen arbeiten und gemeinsam eine Abfüllanlage in der Schweiz einrichten, anstatt einerseits nach Belgien und anderseits nach Italien zu fahren.
Da nur ein geringer Teil des Rahms in Sprühdosen verkauft wird (nur 3% des AZM-Rahms), empfiehlt die Alpen-Initiative das Produkt aus dem Sortiment zu nehmen. Da die schweizerische Zollgesetzgebung Rahmimporte aus dem Ausland nur zu einem sehr hohen Zollansatz zulässt, hätten die Rahmproduzenten keine ausländische Konkurrenz zu befürchten.

Die Rahmspraydosen verursachen Arbeitsplatzverluste
Der Rahm in Spraydosen ist nicht nur aus ökologischer Sicht äusserst fragwürdig. Er ist mitunter verantwortlich für den Verlust von Arbeitsplätzen in der Schweiz. So kündigte die traditionsreiche Kisag AG aus dem Solothurnischen Bellach im August 2002 an, dass sie die Produktion ihrer Rahmbläser an ein österreichisches Unternehmen auslagert. Rund die Hälfte der 41 MitarbeiterInnen verliert die Stelle. Als Grund für diesen Schritt, wird auch die Veränderung von Konsumgewohnheiten wie der Ersatz von Rahmbläsern durch Einweg-Rahmspraydosen angegeben.

Die Umweltleitbilder widersprechen der Realität
ELSA: Die Migros rühmt in ihren Leitbildern ihr Umweltengagement. Sie vermeide überflüssige Fahrten und wähle ihre Verpackungen unter dem Gesichtspunkt der Umweltverträglichkeit. Nach dem Verständnis der Alpen-Initiative sind weder LKW-Transporte von Estavayer-le-Lac nach Belgien noch die Verpackung aus Stahlblech umweltverträglich.
AZM: Auch die AZM rühmt sich als umweltfreundliches Unternehmen und publiziert einen Umweltbericht. Im Umweltbericht 2000 wurde allerdings der Bereich Transporte nicht behandelt. Mit dem Abfüllen von Rahmspraydosen in Italien werden auf jeden Fall „Umweltbelastungen und Umweltverschmutzungen“ nicht verhindert, was die Aargauer Zentralmolkerei laut ihrem Umweltbericht anzustreben versucht.
Dieses konkrete Beispiel zeigt, dass die Produktionsverhältnisse nicht immer mit den vorbildlichen Umweltkonzepten entsprechen.

Die Alternative : Produkte aus regionaler Produktion
Dass es auch anders geht, zeigen Produkte aus der regionalen Produktion. Frischrahm, welcher in einer regionalen Molkerei produziert wird, verursacht äusserst geringe Umweltbelastungen. So stellt beispielsweise die Kleinmolkerei Planzer in Bürglen UR Frischrahm her, welcher maximal einige Dutzend Kilometer zurücklegt um in Geschäfte in der Region zu gelangen. Damit wird die regionale Wirtschaft gestärkt, Arbeitsplätze werden erhalten und unnötige Transporte verhindert.