Von Nationalrat Fabio Pedrina, SP TI, Präsident Alpen-Initiative
Die Alpen-Initiative wertet die Beibehaltung des Verlagerungsziels von 650’000 Fahrten im neuen Güterverkehrsverlagerungsziel positiv, rügt aber die Verschiebung des Termins. Mit einer zügigen Umsetzung der Alpentransitbörse ist eine frühere Erreichung des Ziels möglich. Je früher die Alpentransitbörse realisiert wird, desto mehr Subventionen können gespart werden. Die nun aufgegleiste Abstufung der Trassenpreise nach Angebot und Nachfrage bringt Verlagerungsimpulse und mobilisiert gleichzeitig zusätzliche Schienenkapazitäten.
Seit Jahren kämpft die Alpen-Initiative für eine Umsetzung des Alpenschutz-Artikels, den das Volk 1994, vor 15 Jahren (!) beschlossen hat. 1999 hat das Parlament ein provisorisches, auf 10 Jahre befristetes Gesetz (Verkehrsverlagerungsgesetz) beschlossen, das zwar eine Definition des Verlagerungsziels brachte, aber neben der Subventionierung des Schienengüterverkehrs keine Verlagerungsinstrumente beinhaltet. Entsprechend bescheiden war der Erfolg. Gemessen in Lastwagen zeigte die Kurve nur kurze Zeit nach unten und steigt seit 2007 wieder an. Die auf der Strasse über die Alpen transportierten Nettotonnen nahmen immer ungebremst zu. Ausgewirkt hat sich vor allem die höhere Gewichtslimite (28 – 34 – 40 Tonnen), die den Transport von mehr Gütern mit weniger Fahrzeugen ermöglichte. Auch der Modal-Split (Aufteilung des Verkehrs auf Strasse und Schiene) hat sich nur einmal seit 2001 positiv verändert. Zurzeit kämpft die Bahn mit einem Einbruch beim Güterverkehr, der offenbar viel grösser ist als derjenige auf der Strasse: 2008 wies die Strasse noch immer ein Wachstum auf (+1% Lastwagen), während die Bahn wahrscheinlich einen Rückgang wird verzeichnen müssen (die Daten sind noch nicht veröffentlicht).
Die vom Parlament am 19. Dezember 2008 verabschiedete Güterverkehrsvorlage werten wir wie folgt:
Verlagerungsziel: Die Beibehaltung des Ziels von 650’000 Lastwagen ist sicher ein positives Element des Pakets. Es darf allerdings nicht so sein, dass auch in Zukunft die kleinere Zahl der Fahrten durch eine weitere Erhöhung der Gewichtslimite bewirkt wird. Wir erwarten vom Bundesrat, dass er sich auch auf der europäischen Ebene immer wieder strikt gegen die Zulassung von höheren Maximalgewichten und Maximallängen für Lastwagen ausspricht. Nur wenn wir 60-Tonnen-Gigaliner mit einer Länge bis 25,25 Meter auf europäischer Ebene verhindern, können wir sie dauerhaft von der Schweiz abhalten.
Verlagerungstermin: Die erneute Verschiebung – nunmehr auf spätestens zwei Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels, sprich 2019 – bedeutet, dass sich der Bund insgesamt 25 Jahre Zeit lässt, um einen Volksbeschluss umzusetzen. Das ist eindeutig zu viel. Die von der Alpen-Initiative damals vorgeschlagene Frist von 10 Jahren war realistisch, alles andere ist nur als Trölerei von Bundesrat und Parlament zu bezeichnen. Es gilt nun dafür zu sorgen, dass nicht der späteste erlaubte Termin zur Planungsvorgabe wird, sondern die Verlagerung früher erfolgt. Dafür wird sich die Alpen-Initiative einsetzen.
Alpentransitbörse (ATB): Der Auftrag des Parlaments an den Bundesrat, mit dem Ausland über eine Alpentransitbörse zu verhandeln, ist ein wesentlicher Fortschritt. Auch wir befürworten eine europäische Koordination bei der Einführung der Alpentransitbörse. Positiv ist auch die Tatsache, dass der Bundesrat die Verträge mit dem Ausland selbständig abschliessen kann. Wenn es dem Parlament aber ernst gewesen wäre, so hätte es ohne weiteres bereits jetzt die definitiven Rechtsgrundlagen für die Einführung legen können. Wie es heute aufgegleist ist, müssen wir fürchten, dass auch ein positives Verhandlungsergebnis des Bundesrates nochmals bis zum Referendum bekämpft wird – mit entsprechender Verzögerung bei der Umsetzung. Dies wäre nochmals Sabotage des Volkswillens.
Zahlungsrahmen Güterverkehr: Der Zahlungsrahmen von 1,6 Milliarden Franken für den Zeitraum 2011-2018 ergibt weniger grosse Jahrestranchen als der alte von 2,85 Milliarden für 2000 – 2010. Bei einer schon heute gegenüber dem Jahr 2000 um ein Viertel grösseren Gütermenge ergibt das eine entsprechend tiefere Subventionierung pro Sendung. Immerhin hat der Bundesrat die Möglichkeit, die Jahrestranchen unterschiedlich hoch festzusetzen. Wenn er etwas vorwärts macht mit der ATB, so kann er in den ersten Jahren höhere Subventionen einsetzen und danach diese mit Inbetriebnahme der ATB langsam auslaufen lassen. Je früher die ATB realisiert ist, desto mehr Subventionen können gespart werden.
Es ist allerdings auch zu beachten, dass die Schiene preislich schon heute bei sehr vielen Transporten durchaus konkurrenzfähig, ja billiger als der Strassentransport ist, aber mit der Transportzeit oft nicht mithalten kann. Offenbar ist den Verladern eine schnellere Beförderung viel Geld Wert. In diesem Sinne ist nicht verständlich, dass das Parlament nicht gewillt war, einen Teil der Gelder für die Beseitigung der drohenden Engpässe auf dem Schienennetz einzusetzen. Je enger es wird auf dem Netz, umso eher drohen dem Güterverkehr unnötige Fahrzeitverlängerungen – fahrplanmässige und unvorhergesehene. Wird der Verkehr auch im Bezug auf das Tempo konkurrenzfähiger, so kann man sogar Betriebssubventionen einsparen.
Erfreulich sind auch die zusätzlichen Mittel (200 Mio.), die für die Verlagerung des nicht alpenquerenden Güterverkehrs zur Verfügung stehen (Binnenverkehr und Innovationen in der Logistikkette). Wir hoffen, dass damit auch innovative Konzepte eine Chance bekommen.
Trassenpreis: Schon lange besteht in der Wirtschaft diesbezüglich ein grosses Unbehagen. Ausgelöst wurde die Diskussion im Parlament durch meine von beiden Räten akzeptierte Motion (07.3272). Nun hat das Parlament im Rahmen des GVVG eine Anpassung des Eisenbahngesetzes beschlossen, die in die gleiche Richtung geht. Wir hoffen nun, dass die Trassenpreise dank diesen Entscheiden – gefördert durch weitere Vorstösse im Parlament (Büttiker, Rime) – zukünftig auch Angebot und Nachfrage nach Slots und die Qualität der Trassen berücksichtigen und lärmarme Züge belohnt werden. Einen ersten Reformschritt will der Bundesrat bereits auf den 1.1.2010 in Kraft setzen, mehr soll später folgen.