Mit dem sommerlichen Reiseverkehr Richtung Süden gelangen die Staus vor dem Gotthard-Strassentunnel regelmässig in die Schlagzeilen. Dabei ist der Gotthard aber nur ein Nadelhör unter vielen. Auf den Autobahnen in Deutschland und Italien kommt es regelmässig zu bedeutend grösseren Staus als am Gotthard. Und auch in den österreichischen Alpen, beispielsweise auf der vierspurigen Brenner-Autobahn, entstehen gleich lange Staus wie am Gotthard. Der Bau einer zweiten Strassenröhre kann also nur eine Scheinlösung sein.
Mit dem Anbruch der sommerlichen Reisewelle Richtung Süden und zurück wird regelmässig und ausführlich über die Autokolonnen am Gotthard berichtet. Im schweizerischen Vergleich allerdings zeigt sich, dass diese Staus von nur geringer Bedeutung sind. Rund um die wichtigsten Agglomerationen unseres Landes gibt es praktisch täglich Staus. Eine Studie des UVEK zeigt mit aller Deutlichkeit, dass sich die Engpässe in unserem Autobahnnetz vor allem auf der Ost-West-Achse und nicht auf der Nord-Süd-Achse befinden. Einige Autobahnteilstücke haben einen durchschnittlichen Verkehr von über 100‘000 Fahrzeugen pro Tag. Dem gegenüber nehmen sich die durchschnittlich 16’000 Fahrzeuge pro Tag am Gotthard direkt bescheiden aus. Die Staus in den Agglomerationen allerdings werden wenig thematisiert, weil sie schon fast alltäglich sind. Megastaus in Deutschland Wird die gesamte Nord-Süd-Achse durch Europa betrachtet, stellt man schnell fest, dass sich Ferienstaus an den verschiedensten Orten bilden. Der deutsche Automobil-Club ADAC sagt unvermeidbare und zum Teil sehr lange Staus auf mindestens 16 Autobahnteilstrecken vor, darunter die Strecken zwischen Hamburg und Köln, zwischen Frankfurt und Basel, zwischen Berlin und München sowie zwischen München und Salzburg. Für den Juli und August hat der ADAC nicht weniger als 23 Tage mit bedeutenden Staus prognostiziert. Vom 25. bis zum 27.Juli und zwischen dem 1. und 8. August werden in Deutschland gar Mega-Staus von 40 Kilometern und mehr angekündigt. Zudem empfiehlt der ADAC, während des ganzen Sommers am Freitag, Samstag und Sonntag nicht zu verreisen. Warten in Österreich und Italien Der österreichische Automobilclub ÖAMTC kündigte für den Alpen-Transit durch Österreich über Innsbruck oder Salzburg nicht weniger als 12 Stauzonen an. Auf der Tauernautobahn werden Staus von bis zu 20 Kilometern Länge vorausgesagt. In Italien sind die Autobahnen rund um die grossen Agglomerationen wie Mailand, Genua oder Bologna regelmässig überlastet. Das gebirgige Teilstück zwischen Bologna und Florenz ist als eines der schlimmsten in Italien bekannt. Im Sommer sind die Strecke zwischen Bologna und Rimini/Ancona, die ganze Adriaküste, die Autobahn zwischen Florenz und Pisa sowie die Autobahnen um Genua und Neapel regelmässig überlastet. Der Informationsdienst der wichtigsten Autobahn-Betriebsgesellschaft in Italien kündigte für Juli und August einen kritischen Verkehrszustand während mindestens 23 Tagen an. 18 davon werden als sehr kritisch bezeichnet. Bahn benützen statt im Stau stehen Nach einer Schweizer Nationalfonds-Studie sind ungefähr 60 Prozent der auf Schweizer Strassen zurückgelegten Personenkilometer auf den Freizeitverkehr zurückzuführen. Es ist also nicht überraschend, dass die Autobahnen an den Hauptreisetagen überlastet sind. Dieses Problem lässt sich auch mit einer zweiten Röhre am Gotthard nicht lösen. Der regelmässig mit den Staumeldungen geforderte Ausbau des Gotthards auf vier Spuren kann also nur eine Scheinlösung sein. Eine echte Alternative könnte die Bahn bieten. Die Alpen-Initiative fordert, dass die Bahnen ihre Angebote vermehrt auf den Ansturm während den Sommerferien ausrichten. Der Fahrplan an den Wochenenden ist zu verdichten, und komfortableres Rollmaterial muss angeboten werden. Sonderzüge alleine genügen nicht, da sie kein im Fahrplan ersichtliches Mehrangebot darstellen. Zudem ist auch das Problem der Gepäcktransporte und der Anschlüsse in der Zielregion zu lösen. Die Alpen-Initaitve ist überzeugt, dass die Schiene im Vergleich mit der Strasse gute Trümpfe in den Händen hält. Neben der Sicherheit und der Zuverlässigkeit braucht die Schiene auch einen Vergleich der Reisezeiten nicht zu scheuen, vor allem, wenn sich die Autos stundenlang in den Blechlawinen wälzen.