Patrice Mugny, Nationalrat und Mitarbeiter der Alpen-Initiative
Am 24. März 1999 ereignete sich im Mont-Blanc-Tunnel der tragische Unfall, bei dem ein Lastwagen in Brand geriet, Bilanz: 39 Tote. Seitdem ist der Tunnel geschlossen und die Bevölkerung hat die Lebensqualität wieder entdeckt, leben zu können ohne ständig von Camions verlärmt und verpestet zu werden.
Wiedereröffnung bis in die Ewigkeit verschoben? Aber – wird dieser Tunnel bald wieder eröffnet? Diese Frage ist alles andere als abwegig. Es ist bei weitem nicht sicher, dass es wirklich zur Wiedereröffnung kommen wird – man bedenke nur, dass sie seit bald einem Jahr angekündigt ist. Jedes Mal ist die Eröffnung verschoben worden. Die Gründe dafür sind gewichtig. Für eine Beurteilung der Lage muss man wissen, wie die Verantwortlichen auf der französischen und italienischen Seite mit der Sicherheit des Mont-Blanc-Tunnels umgehen. Unverantwortliches Handeln der Behörden Zunächst hatten der französische Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot und sein italienischer Kollege Pietro Lunardi Sicherheitstest als unnötig abgetan. Die Test wurden schliesslich, unter dem Druck der Kritiker doch durchgeführt. Es lässt allerdings tief blicken, dass bei den Tests keine unabhängigen Gutachter zugelassen waren. Mittlerweile ist bekannt geworden, dass die Brand-Tests mit drei Personenwagen durchgeführt wurden, die zusammen eine Wärmeleistung von acht Megawatt erzeugen. Dabei ist bekannt, dass Brände mit Beteiligung von Lastwagen mehr als hundert– je nach Ladung sogar bis zu zweihundert Megawatt – freisetzen. Bei den durchgeführten Tests hat Rauch die Sicht im Tunnel wesentlich beeinträchtigt, ein entscheidender Faktor für die Fluchtchancen während der ersten Minuten. Sicherheitsmängel unter den Teppich gekehrt Aber das ist nicht alles: Am Samstag, den 2. Februar haben die verantwortlichen Stellen in Frankreich und Italien offiziell die Wiedereröffnung für den 9. Februar angekündigt. Kaum waren diese Worte gesprochen, ist am Sonntag, 3. Februar, ein Teil der Tunneldecke auf einer Länge von fast sechs Metern geborsten und teilweise eingestürzt. Es ist nicht schwierig, sich vorzustellen was passiert wäre, wenn der Tunnel zu diesem Zeitpunkt offen gewesen wäre. Aber das Schlimmste ist, dass die Verantwortlichen diesen Zwischenfall vertuschen wollten und erst ein Journalist der Presseagentur AP die Affäre ans Licht gebracht hat. Das zeigt einmal mehr, wie unverantwortlich mit dem Thema Tunnelsicherheit bei den Behörden umgegangen wird. Mont-Blanc: Widerstand mit Vorbildcharakter Die Volksbefragung im Tal von Chamonix hat gezeigt, dass weit über 90% der Bevölkerung gegen die Rückkehr der Lastwagen an den Mont-Blanc ist. Die Stadt und das Kantons-parlament Genf haben klar Stellung bezogen, dass sie den Widerstand der Bevölkerung unterstützen. Hoffen wir, dass am Ende die Vernunft die Oberhand gewinnt. Aber eines ist jetzt schon klar, dieser Konflikt zwischen der Bevölkerung und den Behörden hat Vorbildcharakter. Die aktuelle Verkehrspolitik in den meisten Ländern Europas fährt in eine völlig falsche Richtung. Der Gütertransport über lange Distanzen muss endlich auf die Schiene verlagert werden. Und es müssen unbedingt Lösungen gefunden werden, die es unterbinden, dass holländische Kartoffeln in Italien geschält werden und dann zurück nach Holland gekarrt werden, dass bayerische Milch in Griechenland zu Joghurt verarbeitet oder Schweizer Rahm in Italien abgefüllt wird. Und das sind nur einige Beispiele von vielen..