In den letzten Jahren wurden die Abgasvorschriften für Verbrennungsmotoren verschärft, die Emissionen des Strassentransportes konnten gesenkt werden. Aber der Güterverkehr auf der Schiene behält seinen ökologischen Vorsprung bei weitem.
Als die Alpen-Initiative im Februar 2011 das Gesamtverkehrskonzept zum alpenquerenden Verkehr auf Schiene und Strasse vorstellte, blieb die Kritik nicht aus. Der Deutsche Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung BGL beispielsweise kommentierte: «Bis [2017] werden LKW aufgrund bis dahin noch weiter abgesenkter EU-Grenzwerte nur noch 2 bis 3 Prozent der Schadgase emittieren, die sie zum Zeitpunkt der Gründung der Alpen-Initiative im Jahre 1989 ausgestossen haben.» Diese Aussage zeigt exemplarisch, dass das Argument der Umweltbelastung durch Schadstoffemissionen entlang der Transitachsen heute gegen die Verlagerungspolitik verwendet wird. Die zitierte Aussage ist nicht stichhaltig und die erwähnte relative Verbesserung reicht nicht aus, um die ökologischen Vorzeichen beim Gütertransport durch die Alpen zu kehren.
Weniger Schadstoffe
Das Bundesamt für Umwelt BAFU präsentierte im November 2010 einen aktualisierten Bericht zu den Luftschadstoff-Emissionen des Strassenverkehrs in der Schweiz zwischen 1990 und 2035. Dabei ermittelte es Emissionsfaktoren von Luftschadstoffen für Strassenfahrzeuge, aufgrund derer die Veränderungen der Gesamtemissionen pro Fahrzeugkategorie berechnet wurden.
Laut dem Bericht verringert sich bis ins Jahr 2035 der Ausstoss der wichtigsten Luftschadstoffe trotz einer allgemeinen Zunahme der Verkehrsleistung von schweren Nutzfahrzeugen (Lastwagen, Lastzüge und Sattelzüge über 3,5 Tonnen): Es zeigt sich, dass die Emissionen in der Zeitspanne von 1990 bis 2020 stark sinken. Hierbei handelt es sich jedoch um Labor-Messwerte, die im Strassenbetrieb kaum zu erreichen sind – vor allem nicht in den Alpentälern, denn hier ist die Realität wesentlich komplexer. Aufgrund der Topografie müssen zum Beispiel folgende Aspekte berücksichtigt werden: Motoren stossen auf steil ansteigenden Strecken mehr Schadstoffe aus als in flachen Gebieten, häufiges Bremsen bei Talfahrten verursacht viel mehr Feinstaub-Abrieb, die Luft bleibt zwischen den Bergen sehr häufig liegen, das heisst, die Schadstoffe sammeln sich überdurchschnittlich stark an.
Die erwartete Abnahme des Feinstaub-Ausstosses beschränkt sich zudem vor allem auf die grossen und schweren Partikel von 2,5 bis 10 Mikrometer Durchmesser. Das Gesamtvolumen der Partikel nimmt somit ab. Die absolute Zahl der Partikel jedoch, vor allem der Kleinstpartikel, wird nicht im selben Mass zurückgehen. Dies ist deshalb von grosser Bedeutung, weil Partikel von weniger als 2,5 Mikrometer die Gesundheit besonders stark gefährden. Die Belastung der Atemluft in den Alpentälern mit den schädlichen Kleinstpartikeln wird also in absehbarer Zeit kaum abnehmen.
Vergleich mit der Eisenbahn
Obwohl der Schadstoffausstoss stark gesenkt wurde und weitere Reduktionen folgen werden, bleiben die Emissionen der schweren Nutzfahrzeuge immer noch erheblich. Im Jahr 2010 transportierten die Lastwagen Güter im Umfang von ungefähr 14,3 Mio. Nettotonnen auf der Strasse durch die Alpen. Vergleicht man die dabei freigesetzten Schadstoffe mit denjenigen, welche dieselbe transportierte Menge auf den Schienen verursacht hätte, zeigen sich die Unterschiede deutlich: Im direkten Vergleich auf der Strecke Basel–Chiasso schneidet die Bahn in allen Schadstoffkategorien deutlich besser ab (die meisten Kategorien weisen bei der Bahn gar keine Emissionen auf!). Die Bahn verbraucht dabei ausserdem etwa 75 Prozent weniger Energie. Auch wenn in den nächsten Jahren der Ausstoss der Schadstoffe der schweren Nutzfahrzeuge weiter abnehmen wird, übersteigt der Gesamtausstoss aller transportierten Strassengüter denjenigen der Bahngüter noch immer bei weitem!
Die zu Beginn zitierte Aussage des BGL ist deshalb grob irreführend. Die Reduktion der freigesetzten Schadstoffe ist zwar gross – was jedoch hauptsächlich daher rührt, dass im Jahre 1989 der Schadstoffausstoss katastrophal hoch war. In absoluten Zahlen sind die Emissionen des Eisenbahngüterverkehrs weit geringer als jene des Strassengüterverkehrs: Der Transport der Güter mit der Bahn bleibt somit die sauberste, bei weitem ökologisch verträglichste Wahl. Der Alpenschutzartikel und die Verlagerungspolitik sind auch 23 Jahre nach der Gründung der AlpenInitiative Ziele, für die es sich zu kämpfen lohnt!