Die Alpen und ihr Landschaftsbild verändern sich wegen des Klimawandels stark. Die Alpen-Initiative setzt sich seit mehr als 30 Jahren für den Schutz dieser ökologisch bedrohten und sensiblen Region ein. Syntopia Alpina lud Django Betschart und Jon Pult zu einem Gespräch ein, um mit ihnen darüber zu sprechen, wie diese Lebensräume geschützt und gleichzeitig Klimamassnahmen ergriffen werden können.
«Wir Menschen in den Alpen und unsere Tier- und Pflanzenwelt bekommen die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt zu spüren. Das Bergland erwärmt sich schneller als das Flachland, weil in den Bergen immer weniger und kürzer Eis und Schnee liegen.» Mit diesen Worten beginnt Jon Pult das Gespräch. Dies heizt das Bergklima neben den Treibhausgasen zusätzlich auf. Durch die immer milderen Winter und trockeneren Sommer haben die Gletscher in den letzten knapp 100 Jahren die Hälfte ihrer Eismasse verloren. Der wichtigste Schweizer Wasserspeicher droht verloren zu gehen. Die Schutzwälder können die Siedlungen nicht mehr vor Steinschlägen, Murgängen und Lawinen schützen. Solche Naturkatastrophen werden durch das Schmelzen des Permafrosts in den nächsten Jahren zunehmen.
Die Arbeit der Alpen-Initiative und der Plan «Klimaneutraler Güterverkehr bis ins Jahr 2035»
Seit der gewonnen Abstimmung 1994 setzt sich die Alpen-Initiative für die Umsetzung des Alpenschutzartikels ein und wird mittlerweile von der Politik, der Verwaltung und den Branchenakteur:innen als wichtige Mitspielerin in der Verlagerungspolitik wahrgenommen. Django Betschart sagt zur Arbeit der Alpen-Initiative: «Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene in der Schweiz ist eine Erfolgsgeschichte, es hat sich viel getan: Die Lastwagenfahrten über die Alpen sind von über 1’400’000 auf etwa 850’000 Fahrten gesunken. (…) Wir setzen uns weiterhin für eine aktive Verlagerungspolitik ein – zum Wohle der Bevölkerung in den Alpen und in der ganzen Schweiz.»
Mit dem Plan «Klimaneutraler Güterverkehr bis ins Jahr 2035» wollen wir die Rahmenbedingungen für den gesamten Schweizer Schienengüterverkehr verbessern. Der erste Umsetzungsschritt des Plans ist die Forderung nach einem allgemein gültigen Verlagerungsziel in der ganzen Schweiz. Denn ein solches fehlt im Flachland. Die Dekarbonisierung des Strassengüterverkehrs muss weiter vorangetrieben werden. Künftig sollen nur noch die notwendigsten Fahrten auf der Strasse passieren, und dies klimaneutral. Dafür braucht es aber in den Städten und Agglomerationen effiziente Logistik-Konzepte.
In den Worten von Jon Pult: «Wir wollen das Erfolgsrezept der Alpen-Initiative auf die ganze Schweiz anwenden und so noch mehr Güter auf die Schiene bringen. Damit schützen wir unsere Gesundheit, das Klima und nicht zuletzt auch die besonders sensiblen Alpen.»
Wie sieht ein nachhaltiger Wandel im Alpenraum aus?
Um rechtzeitig Netto-Null zu erreichen braucht es faktisch eine industrielle Revolution im nächsten Vierteljahrhundert. Doch die Herausforderungen des Klimawandels kann der Alpenraum nicht alleine stemmen. Es braucht Unterstützung vom Bund, den Bürger:innen und das Know-how von Fachexpert:innen. Wie Jon Pult sagt: «Die Klimaneutralität ist eine kollektive Aufgabe unserer Generation.»
Die «AlpenWoche» 2022 in Brig war ein erster Schritt, die Herausforderungen kollektiv anzugehen. In dieser Woche wurde in Zusammenarbeit die Forderung erarbeitet, den Verkehr in den Alpen bis 2040 klimaneutral zu gestalten. Denn wer besonders betroffen ist, hat das Recht, Hebel in Bewegung zu setzen.
Auch wirtschaftlich muss sich der Alpenraum vom Wintertourismus loslösen und stärker auf den ressourcenschonenderen und energieeffizienteren Sommertourismus setzen. Dazu braucht es eine vernünftige Raumplanung, einerseits müssen die öffentlichen Verkehrsverbindungen verbessert und ausgebaut und andererseits die Zersiedlung gestoppt werden. Django Betschart hat mit seinem Heimat- und Wohnkanton Schwyz ein passendes Beispiel von Fehlplanung und die Lösungsvorschläge zur Hand: «Mein Heimat- und Wohnkanton ist mit dem total zersiedelten Talkessel Schwyz ein abschreckendes Negativbeispiel in Sachen Raumplanung. Vergangene Sünden müssen wir nun auf verschiedenen Ebenen wieder wettmachen. Bei Neubauten können wir zum Beispiel stärker auf Holz setzen. (…) Der Einsatz von Materialien, die direkt vor unserer Haustüre wachsen, fördert die Kreislaufwirtschaft und verhindert unnötige Transportwege, und ist deutlich klima- und umweltfreundlicher.»
Zum Schutz des Alpenraums ist es deshalb wichtig, am 18. Juni 2023 JA zum Klimaschutz-Gesetz zu sagen. Jon Pult zum Klimaschutz-Gesetz: «Dank dem politischen Einsatz der Alpen-Initiative werden die Alpengebiete mit dieser Vorlage neu auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt.»