19. Februar 2016

Die Abstimmungsvorlage über den Bau einer 2. Gotthard-Strassenröhre ist rechtlich fragwürdig. Dies erklären namhafte Professoren in einer öffentlichen Stellungnahme zuhanden der Medien und empfehlen deshalb ein Nein am 28. Februar.

Die unterzeichnenden Professoren halten die Vorlage in mehreren Punkten für bedenklich. Zum einen ist die Abstimmungsfrage unklar formuliert und daher inhaltlich irreführend. «Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger werden mit der Abstimmungsfrage getäuscht», sagt Professor Thierry Tanquerel von der Universität Genf. «Der Bundesrat hat den Auftrag, eine möglichst klare Abstimmungsfrage zu formulieren. Die gewählte Formulierung führt die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in die Irre, denn strittig ist nicht die Sanierung, sondern der Bau einer 2. Gotthardröhre.»

Die Professoren kritisieren ebenfalls die Taktik, jetzt unter dem Deckmantel der Sanierung die 2. Röhre bauen zu lassen, um dann erst später über die volle Nutzung zu entscheiden. Philippe Mastronardi, emeritierter Professor der Universität St. Gallen, sagt dazu: «Mit dem Bau einer 2. Röhre werden Fakten für einen späteren Vierspur-Betrieb im Gotthardtunnel geschaffen. Das Vorgehen ist staatspolitisch äusserst fragwürdig – mit der einen Hand baut man vier Spuren, mit der andern Hand verbietet man sie.»

«Ebenfalls ist klar, dass die EU die volle Nutzung des vierspurigen Gotthard-Tunnels rechtlich einfordern können wird», sagt Professor Rainer J. Schweizer von der Universität St. Gallen. Rechtliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Beschränkung auf die Hälfte der verfügbaren Fahrspuren ein Widerspruch zum Landverkehrsabkommen zwischen der EU und der Schweiz darstellt. Das Landverkehrsabkommen untersagt eine künstliche Beschränkung der Kapazität.

Die Empfehlung der Professoren ist daher klar: Die irreführende sowie staatspolitisch und rechtlich problematische Vorlage ist abzulehnen.

> Öffentliche Stellungnahme zuhanden der Medien zur Abstimmung über die 2. Strassenröhre am Gotthard

Kontakte:
D / F / I: Prof. Dr. Rainer J. Schweizer, Universität St. Gallen, 071 224 2161
D / F: Prof. em. Dr. Philippe Mastronardi, Universität St. Gallen, 041 340 27 67
F: Prof. Thierry Tanquerel, Universität Genf, 022 379 85 29