Die Temperaturen in den Alpen sind doppelt so stark angestiegen wie im globalen Durchschnitt. Die Auswirkungen sind gravierend. Es gilt, mit Blick auf die Alpen eine zukunftstaugliche Verkehrs- und Klimapolitik zu entwerfen.
tob. Der Berner Klimaforscher Thomas Stocker sagt es im Ausstellungsband «The Glacier’s Essence – Grönland-Glarus» so: «Das Eis informiert uns eindringlich: Eine weltweite Erhitzung dieses Ausmasses innerhalb von weniger als einem Jahrhundert hat es in den letzten 800’000 Jahren nie gegeben.» Die Folgen davon zeigen sich dramatisch. Auch im alpinen Eis, sowohl bei den augenfällig schmelzenden Gletschern als auch – verborgen – beim auftauenden Permafrost. Wie das?
Die Berge sammeln in ihrem Innern Wasser, in hohen Lagen ab 2500 m ü. M. ganzjährig als Eis. Dieses verborgene Dauer-Eis in Moränen, Schutt, Felsrissen und ganzen Kluft-Systemen nennt man Permafrost. Es wirkt wie Klebstoff und hält brüchige Felspartien, aber auch Lockergestein zusammen. Taut der Permafrost auf, brechen oder rutschen die losen Teile weg und stürzen zu Tal. Vermischen sich solche Felsstürze mit viel Wasser, entstehen zerstörerische Murgänge wie jener, der 2017 bei Bondo im Bergell niederging.
Neue Gefahren
Das Auftauen bringt auch andere Gefahren mit sich. Am Matterhorn dürften im vergangenen Jahr zwei Bergsteiger abgestürzt sein, weil die sommerliche Hitze den Permafrost an einer heiklen Stelle schmelzen liess. Und immer wieder berichten Bergsteigerinnen und Bergsteiger, aber auch Strahler und Hüttenpersonal davon, dass vermehrt Steinschläge an Orten zu beobachten sind, die früher als sicher galten. Die Bergbahnen stehen ebenfalls vor Herausforderungen. 2019 musste erstmals eine Schweizer Seilbahn wegen des auftauenden Permafrosts ungeplant den Betrieb einstellen: Bei der Bergstation der Fiescheralp-Eggishorn-Bahn im Wallis hatte sich das Terrain gesenkt.
Die Gletscher der Alpen werden seit 150 Jahren vermessen und erforscht. Für den Permafrost – diese unsichtbare Vereisung von Böden, Schuttmassen und Felsen – gibt es erst seit den 1980er-Jahren verlässliche Messreihen. Sämtliche Messungen der letzten 10 Jahre im Alpenraum zeigen jedoch, dass die Temperaturen bis in tiefe Bodenschichten tendenziell steigen. Mehrere Studien besagen, dass die Veränderungen im Permafrost zu den wichtigsten Einflussfaktoren für alpine Naturgefahren gehören.
Bekannte Forderungen
Der Permafrost taut auf, die Gletscher schmelzen weg. Die Klimaerwärmung wird Starkniederschläge verursachen und vermehrt zu Überschwemmungen und Hangrutschungen führen. Die trockenen und heissen Sommer werden den Schutzwald in den Alpen weiter schwächen und Siedlungen, Verkehrswege und andere Infrastrukturen zunehmend gefährden. Die steigenden Temperaturen – daran gibt es keine Zweifel mehr – setzen den Alpen besonders zu. Deshalb muss sich die Klimapolitik im Bestreben, den CO2-Ausstoss radikal zu reduzieren, stark an den Alpen orientieren:
- Verlagerung des alpenquerenden Gütertransports von den Lastwagen auf die klimaschonende Bahn.
- Schärfere Vorschriften für den Ausstoss von CO2 bei Lastwagen.
- LSVA mit einem CO2-Element ergänzen, auf den maximal möglichen Betrag erhöhen oder sie mit einer Alpentransitabgabe ergänzen.
- Dekarbonisierung des Güterverkehrs durch die Alpen bis 2035, das heisst, der alpenquerende Verkehr soll bis in 15 Jahren ohne fossilen Treibstoff erfolgen.
Klimaschutz heisst auch Alpenschutz
Die Klimaerwärmung hat dramatische Folgen – gerade auch für die Schweiz. Die Alpen, unser einzigartiger und empfindlicher Lebensraum, sind besonders gefährdet und brauchen jetzt eine mutige und wirksame Klimapolitik! Das werden wir der Schweizer Bevölkerung in den nächsten Wochen mit einer Onlinekampagne aufzeigen.
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