Im Jahr 2017 betrugen die externen Kosten der Mobilität in der Schweiz rund 13,4 Milliarden Franken. Die Schwerverkehrsabgabe (LSVA) zielt darauf ab, diese Kosten im Bereich des Schwerverkehrs zu internalisieren, deckt aber von den 2,36 Milliarden Franken nur 1,061 Milliarden ab. Was sagt Christina Hürzeler vom Bundesamt für Raumentwicklung ARE dazu? Sie ist für den neusten Bericht verantwortlich.
fk. Was versteht man unter «externen Kosten»?
Externe Kosten sind Kosten, die von der Mobilität verursacht werden, aber nicht im Preis der Mobilität enthalten sind. Wenn ich zum Beispiel mit dem Auto unterwegs bin, dann bezahle ich für das Auto, das Benzin, für Versicherungen, aber ich bezahle nicht für die Luftverschmutzung oder für den Lärm, den ich mit meiner Autofahrt verursache. Diesen Teil der Kosten müssen andere tragen.
Die externen Kosten für den gesamten Verkehr beliefen sich im Jahr 2017 auf 13,4 Milliarden Franken. Wie interpretieren Sie diesen Betrag?
Ökonomisch gesehen sind die Preise für die Mobilität zu tief, was zu einem Überkonsum führt. Wären die Preise höher, würden einige dieser zu günstigen Fahrten nicht unternommen. Zu tiefe Preise stellen aus volkwirtschaftlicher Sicht ein Fehlanreiz dar, was zur Folge hat, dass die Ressourcen zu wenig effizient genutzt werden.
Nach der Anrechnung der LSVA verbleiben beim Schwerverkehr 1,299 Milliarden nicht internalisierte externe Kosten zu Lasten der Allgemeinheit. Wie verhalten sich diese Kosten im Vergleich zu früheren Jahren?
Die Zahlen verändern sich nicht sehr stark über die Zeit. Seit 2010 beobachten wir, dass diese effektiven externen Kosten immer ungefähr zwischen 1,25 und 1,35 Milliarden Franken betragen. Im Jahr 2017 lagen sie etwas tiefer als 2016, das hängt aber vor allem damit zusammen, dass die Einnahmen der LSVA wegen Tarifanpassungen leicht gestiegen sind.
Welches sind die Bereiche, in denen beim Schwerverkehr am meisten externe Kosten entstehen?
Das sind insbesondere die Bereiche Luftverschmutzung und Lärm, die Kosten von je rund 600 Millionen Franken verursachen. Bei der Luftverschmutzung sprechen wir von Feinstaubpartikeln, die gesundheitliche Probleme wie Atemwegserkrankungen oder Herz-Kreislaufprobleme verursachen und dadurch höhere Kosten im Gesundheitswesen zur Folge haben. Die Luftschadstoffe schaden aber auch der Biodiversität oder führen zu Ernteausfällen. Beim Schwerverkehr kommen noch Stau-Kosten in der Höhe von ungefähr 500 Millionen hinzu.
Der Güterverkehr auf der Strasse ist im Vergleich zum Transport auf der Schiene, in der Luft und zur See die umweltschädlichste Transportart. Überrascht Sie dieses Ergebnis?
Die hohen Kosten erklären sich zum einen dadurch, dass auf der Strasse am meisten Tonnenkilometer zurückgelegt werden. Das Transportvolumen ist also grösser als auf den anderen Verkehrsträgern. Besonders ausgeprägt ist der Umstand im Vergleich zum Luft- und Schiffsverkehr. Beim Vergleich der externen Kosten des Strassengütertransports mit dem Transport auf der Schiene kommt hinzu, dass der Schienentransport in Bezug auf Klimakosten und Unfälle besser abschneidet. Er verursacht infolgedessen in diesen Bereichen sehr viel weniger externe Kosten.
Zweck der LSVA ist die Internalisierung der Kosten, die durch den Gütertransport auf der Strasse entstehen. 1.299 Milliarden gehen jedoch weiterhin zu Lasten der Allgemeinheit. Warum ist es nicht möglich, alle externen Kosten mit der LSVA zu decken?
Bei der Festlegung des Tarifes der LSVA sind – ausser den externen Kosten – noch andere wichtige Aspekte zu beachten. Politische Überlegungen auf nationaler und internationaler Ebene sind zu berücksichtigen. So gibt es insbesondere das Landverkehrsabkommen mit der EU, welches die maximale Höhe des LSVA-Tarifs festgelegt.
Was erwarten Sie von der Revision der LSVA?
Wir stellen der Politik für ihre Entscheidfindung die Grundlagen zur Verfügung. Die Politikerinnen und Politiker sind es letztlich, die über die Revision der LSVA bestimmen. Der Bundesrat beabsichtigt weiterhin, den Güterverkehr über die Alpen von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. Der Einbezug der externen Kosten leistet einen Beitrag zur Kostenwahrheit. Die LSVA hat bewirkt, dass die Effizienz im Strassen-Güterverkehr gesteigert worden ist. Ein Ziel, das sicher weiterhin Bedeutung haben wird. Die LSVA ist aber auch Einnahmequelle für Investitionen in Schienen- und Strasseninfrastruktur.
Welche Ergebnisse erwarten Sie für 2019 bezüglich der externen Kosten des Strassengüterverkehrs?
Für 2019 werden die externen Kosten etwa im Rahmen der bisherigen Resultate sein. Es gab keine grossen konjunkturellen Schwankungen, die das transportierte Gütervolumen stark beeinflusst hätten.
2020 jedoch ist die Wirtschaftsaktivität wegen dem Lockdown zurückgegangen und man hat in der ersten Hälfte des Jahres eine signifikante Abnahme des Güterverkehrs festgestellt. Weniger Verkehr heisst weniger Belastung der Bevölkerung und der Umwelt, das bedeutet weniger externe Kosten. Über das gesamte Jahr 2020 lassen sich aber noch keine definitiven Aussagen machen.
Glauben Sie, dass wir bis 2030 in der Lage sein werden, alle Kosten des Verkehrs zu internalisieren?
Auf Bundesebene legt der Programmteil des Sachplans Verkehr die strategischen Stossrichtungen der schweizerischen Verkehrspolitik fest. Der Programmteil wird momentan überarbeitet. Als ein Ziel wird formuliert, dass die Nutzenden der Mobilitätsangebote vermehrt ihre externen Kosten selber bezahlen. In der bisherigen politischen Diskussion stellen wir fest, dass auch andere als rein ökonomische und fiskalische Aspekte Gewicht haben. Wir begrüssen es aber, dass das Thema der externen Kosten zunehmend auf Interesse stösst und vermehrt politisch diskutiert wird.