In den Bergregionen ist der Weg zur Klimaneutralität oft steiniger als im Flachland. Das neue Klimaschutz-Gesetz aber unterstützt die Alpen, weg von den fossilen Energieträgern zu kommen. Dafür hat die Alpen-Initiative gesorgt.
fk. Die Abstimmung vom 18. Juni 2023 ist wichtig: Sie soll bewirken, dass die Schweiz den Ausstoss von Treibhausgasen gegen Netto-Null reduziert und unabhängig von fossilen Energien wird. Das Klimaschutz-Gesetz ist der im Parlament ausgehandelte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative und bringt die Schweizer Klimapolitik voran. Das ist im ureigenen Interesse der Alpenregionen, denn diese leiden besonders stark unter der Klimaerhitzung. Eine griffige Klimapolitik ist für sie überlebenswichtig. Das neue Gesetz hilft auch den Bergregionen mit klaren und realistischen Zielen. Deshalb unterstützen wir das Klimaschutz-Gesetz mit Überzeugung.
Der offizielle Name des Klimaschutz-Gesetzes lautet «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit». Darin berücksichtigt sind die besonderen Umstände in den Bergregionen – das Gesetz sieht eine zusätzliche Unterstützung für diese Gebiete vor. Für die Bergregionen ist es in vielen Bereichen eine grössere Herausforderung, klimaneutral zu werden. Wohn- und Arbeitsgebiete liegen oft weit auseinander, das Gelände ist meist steil und unwegsam, das Wetter rauer und kälter, die Häuser über die Landschaft verstreut, die Einkommen geringer. Das alles macht es schwierig, rasch von fossilen Energieträgern wegzukommen und den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Diese widrigeren Umstände riefen die Alpen-Initiative auf den Plan, sich mit einem Lösungsvorschlag in die politischen Beratungen einzubringen – mit Erfolg.
Erfolg der Alpen-Initiative
Die besondere Unterstützung im Klimaschutz-Gesetz verdanken die Bergregionen einem erfolgreichen Vorstoss von Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative und Bündner Nationalrat. Der Bundesrat hatte zwar durchaus festgestellt, dass es in den Berggebieten besondere Anstrengungen braucht, um klimaneutral zu werden, weil zum Beispiel der öffentliche Verkehr weniger gut ausgebaut ist. Diese Nachteile sollten laut Bundesrat mit Ausnahmeregelungen korrigiert werden. Doch weil es gerade die Alpen sind, die besonders unter der Klimaerhitzung leiden, sollten sie mit zusätzlichen Massnahmen gefördert statt mit Ausnahmen vertröstet werden. Immerhin leben 25 % der Schweizer Bevölkerung in den Bergen, das Gebiet umfasst sogar 71 % der Fläche unseres Landes. Unterstützt durch die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) brachte Jon Pult seinen Antrag im Parlament durch. «Es ist wichtig, der Bevölkerung und der Wirtschaft dort unter die Arme zu greifen, wo es manchmal schwierig ist, klimaneutral zu werden. Der Übergang in eine klimaneutrale Zukunft ist auch eine grosse Chance für die Wirtschaft im Allgemeinen, aber auch für die Wirtschaft in den Berggebieten», sagt Jon Pult.
Jon Pult,
Präsident Alpen-Initiative, Nationalrat GR
« Der Übergang in eine klimaneutrale Zukunft ist eine grosse Chance für die Wirtschaft – auch in den Berggebieten. »
Öffentlicher Verkehr
Den öffentlichen Verkehr so umzustellen, dass er ohne Diesel und Benzin auskommt, ist für die Berggebiete eine enorme Herausforderung. Die Gegenden sind meist dünn besiedelt. Damit alle Siedlungen gut mit dem Talboden verbunden sind und der öffentliche Verkehr benutzt wird, braucht es attraktive Verbindungen, auch frühmorgens und spätabends. Das ist teuer. Zudem sind elektrische Hochflur-Busse erst auf dem Weg zur Marktreife – diese braucht es für die engen Kurven und steilen Strassen in den Bergtälern. Auch die Ladekapazitäten von Elektrobussen sind in langen Tälern mit steilen Strassen und kalten Wintern eher zu knapp.
Sanierung von Häusern
Wer ein Haus energetisch saniert oder die Heizung ersetzt, kann den Energieverbrauch reduzieren oder den Erdöl- und Erdgasverbrauch ganz beenden. Im Berggebiet ist das deutlich aufwändiger als in den Städten. Meist sind es hier einzelne Eigentümer und Eigentümerinnen, welche die finanziellen Mittel für eine kostenintensive, klimaneutrale Sanierung ihres Hauses aufbringen müssen.
Im Wallis etwa sind 60 % der Haushalte auch im Besitz ihrer Gebäude, in der Stadt Genf zum Vergleich nur 22 %. Zudem kommen Fernwärmeverbunde aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte im Berggebiet vielerorts nicht in Frage. Genau hier kann das neue Klimaschutz-Gesetz dazu dienen, dass der Bund die Berggebiete beim Übergang zur Klimaneutralität stärker unterstützt.
Die Naturgefahren sind gross
Die Auswirkungen der Klimaerhitzung sind in den Alpen viel konkreter als in den Städten und im Flachland: Gletscherrückgang, Auftauen des Permafrosts, vermehrter Steinschlag, Murgänge und langanhaltende Trockenheit.
«Die Alpen sind von den extremen Wetterverhältnissen direkter betroffen, die Natur wird hier bedrohlicher. Also sind mehr Mittel erforderlich, damit die Bergbevölkerung weiterhin dort leben und sich an die neuen Bedingungen anpassen kann», sagt Christophe Clivaz, Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative und Nationalrat aus dem Wallis, wo immer wieder Felsstürze Strassen unpassierbar machen.
Für die Alpen-Initiative ist deshalb klar, dass das Klimaschutz-Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Christophe Clivaz,
Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative, Nationalrat VS
« Die Alpen sind von den extremen Wetterverhältnissen direkter betroffen. Deshalb sind mehr Mittel erforderlich, um sich anzupassen. »
Klimaschutz-Gesetz – gut für die Alpen und darüber hinaus
Die Schweiz muss möglichst bald klimaneutral werden, auch im Berggebiet. Dank dem Engagement der Alpen-Initiative hält Artikel 12 des neuen Klimaschutz-Gesetzes fest, dass die Bergregionen und Randgebiete aufgrund ihrer besonderen Situation dabei zusätzlich unterstützt werden können.
Fürs Klima zwingend
Die drei Sektoren, die am meisten fossile Energieträger verbrauchen, sind Verkehr, Gebäude und Industrie. Für diese werden für 2040 auch Zwischenziele gesetzt. Insgesamt muss die Schweiz bis 2050 Netto-Null erreichen. Zwei Milliarden Franken sind vorgesehen, um klimafreundliche Heizungssysteme zu fördern.
Für die Wirtschaft eine Chance
Wir sind stark abhängig von billigen und umweltverschmutzenden fossilen Energieträgern. Der Krieg in der Ukraine hat diese Abhängigkeit drastisch aufgezeigt. 1,2 Milliarden Franken sollen in den nächsten sechs Jahren in die Wirtschaft investiert werden, damit sie auf erneuerbare Energien
umsteigen und innovative Technologien fördern kann. So können wir die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in der Schweiz erhalten.
Also nicht länger zögern!
Nach dem Nein zum CO2-Gesetz vor zwei Jahren braucht es in der Schweizer Klimapolitik mehr positive Dynamik, um den Ausstoss von Treibhausgasen rasch deutlich zu reduzieren. Das Klimaschutz-Gesetz gibt den langfristigen Plan vor, um in der Schweiz zu erreichen, was an der Klimakonferenz in Paris beschlossen worden ist.