Von Kurt Baumann, Urner Bergfotograf
Ende April 2017 schickte uns Frau Holle nochmals schönsten Pulverschnee. Da keimte in mir wieder eine lang gehegte Idee auf, den Sonnenaufgang am Gipfel des Sustenhorns 3503
m ü. M. zu fotografieren. Ich entschied mich, den Aufstieg nachts zu wagen. Zu dritt fuhren wir um 22.00 Uhr zum Steingletscher und starteten um Mitternacht unser Abenteuer. Es war stockfinster, nur die Sterne funkelten am Himmel. Auf dem Parkplatz sahen wir Bergsteiger, die sich im Wohnmobil zu Bette legten, um früh morgens die Tour zu starten. Für uns aber war der Sonnenaufgang das Ziel. Mit der Stirnlampe konnten wir einer Aufstiegsspur folgen, die uns auf den Steingletscher und weiter über eine Steilstufe auf ein Hochplateau nahe der Tierberglihütte führte. Entlang markanter «Séracs» und mächtiger Gletscherspalten erreichten wir die Sustenlimi. Der Wind blies immer stärker und entwickelte sich alle 100 Höhenmeter bis fast zum Orkan. Die letzten Spitzkehren waren hart und zehrten an den Kräften. Nach fünf Stunden Aufstieg und 1700 Höhenmetern ereichten wir den windgepeitschten Gipfel. Wir versuchten eine Art Iglu aus dem harten Schnee der Gipfelwächte zu schaufeln. Der eisige Wind hatte allen Neuschneee vom Gipfel gefegt. Bei gefühlten -30 Grad und kalten Fingern versuchte ich den wunderschönen Sonnenaufgang auf den Sensor zu bannen. Den Standort hatte ich Wochen zuvor genau bestimmt. Das Ambiente und das Licht waren fantastisch. Das Fotografieren war intensiv, alles andere als einfach und brauchte kurzfristig einiges an Überwindung und Motivation. Es ist aber genau dieses intensive Erlebnis, das sich so tief einprägt und bleibende Erinnerungen hinterlässt. Mit Bergkameraden/-innen in dieser grandiosen, hochalpinen Bergwelt den Tagesanbruch zu erleben – ein magischer Augenblick!
Der Urner Bergfotograf Kurt Baumann sucht und findet als Alpinist Orte in den Bergen, die besondere Perspektiven bieten. Unermüdlich ist er in seiner Freizeit unterwegs, um einzigartige Orte und Stimmungen einzufangen.