19. Februar 2004

10 Jahre nach Aufnahme des Alpenschutzartikels in der Bundesverfassung fällt die Bilanz der Alpen-Initiative ernüchternd aus: Nicht weniger, sondern bedeutend mehr Lastwagen als noch vor zehn Jahren durchqueren heute die Alpen. Die Alpen-Initiative spart nicht mit Kritik an der Verweigerungs- und Sabotagepolitik von Bundesrat und Parlament und fordert jetzt – ermutigt durch das überwältigende Nein zum Avanti-Gegenvorschlag – endlich griffige Massnahmen für die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene.

Seit 10 Jahren steht der Alpenschutz in der Bundesverfassung und bis heute sollte gemäss Verfassungstext der Schwerverkehr auf die Schiene verlagert sein. Sollte, denn von diesem Ziel sind wir noch weit entfernt. Fabio Pedrina, Präsident der Alpen-Initiative, sparte anlässlich der Jahresmedienkonferenz auch nicht mit Kritik: „Es ist weniger als Dienst nach Vorschrift, was uns Bundesrat und Parlament bezüglich Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene geboten haben.“ Es sei Dienstverweigerung am Volk, wenn zehn Jahre nach der Abstimmung mehr statt weniger Lastwagen die Alpen queren, so Pedrina weiter, und er forderte neben gesetzlichen Massnahmen auch strengere Sicherheits- und Kontrollmassnahmen sowie die Einführung einer Transitbörse für den alpenquerenden Güterverkehr. Die Einführung der LSVA, die Neat-Beschlüsse das Verkehrsverlagerungsgesetz sowie den Zahlungsrahmen für die Unterstützung des Eisenbahngüterverkehrs wurden von Pedrina als richtige Schritte auf dem Weg der Verlagerung bezeichnet. Die Anhebung der Gewichtslimiten allerdings habe diese Massnahmen neutralisiert. Der geringe Rückgang an LKWs in den letzten drei Jahren führt Pedrina mehr auf die wirtschaftliche Flaute sowie auf die Erhöhung der Gewichtslimiten als auf eine wirksame Verlagerungspolitik zurück. Um die geforderte Reduktion mit fünf Jahren Verspätung auf den verfassungsmässigen Termin zu erreichen, seien zusätzliche griffige Massnahmen nötig, sagte Pedrina.

Neben der Alpentransitbörse meint er damit auch eine griffige Verlagerungsverordnung, welche anlässlich der Medienkonferenz von Geschäftsführer Alf Arnold präsentiert wurde. Die Alpen-Initiative hat diesen detaillierten Entwurf ausgearbeitet, nachdem es der Bundesrat in den letzten 10 Jahren verpasst hatte, seine Hausaufgaben zu machen, obwohl der dafür den Auftrag und die Kompetenzen vom Volk erhalten hatte.

Auch Christa Mutter, Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative, bezeichnete die letzten zehn Jahre als Sabotagepolitik mit einer ganzen Kette von Versuchen, den Alpenschutzartikel wieder aus der Verfassung zu kippen. „Wir haben sie alle abgewehrt, zuletzt den Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative.“ Jetzt sei es endlich an der Zeit, dass die Schweiz das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention unterzeichne und damit die schweizerische Verkehrspolitik international absichere.

Auch im benachbarten Ausland sei die Alpen-Initiative nach einem ersten Schock als hoffnungsvolles Zeichen wahrgenommen worden. „Eine ganze Serie von Volksentscheiden, welche dem öffentlichen Verkehr klar Priorität einräumten, haben die Schweiz in den Augen von Fachleuten und in Kreisen des Umweltschutzes zum gelobten Land der Verkehrspolitik werden lassen“, führte Vizepräsident der Alpen-Initiative, Andreas Weissen, aus. Mit dem Landverkehrsabkommen sei diese Politik mindestens teilweise auch offiziell anerkannt worden. Tragischerweise hätten auch die verschiedenen Tunnelkatastrophen zu einem Umdenken geführt und von einer sicherheitsbedingten Dosierung des Schwerverkehrs überzeugt. „Jetzt wird es darum gehen, der EU klar zu machen, dass über LSVA, Nachtfahrverbot, Bahninfrastrukturausbau und LKW-Kontrollen hinaus zusätzliche Instrumente nötig sind, um dem Volkswillen zum Durchbruch zu verhelfen“, so Weissen weiter. Hier dürfe sich die Schweiz nicht einengen lassen, wenn sie nicht Verrat am Volk üben wolle.

10 Jahre dokumentiert
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