Entweder die Güter auf die Schiene verlagern oder mit einer 2. Röhre die Barriere für die Transitlastwagen öffnen. Darum geht es bei der Gotthard-Abstimmung am 28. Februar 2016 – und um nichts anderes. Doch genau diese 2. Röhre soll unter dem Vorwand der Sanierung erzwungen werden. Das ist verkehrs-, finanz- und klimapolitisch unsinnig.
tob. Am Gotthard zählt man durchschnittlich 17’000 Fahrzeuge pro Tag. Das entspricht einer mittleren Kantonsstrasse. Seit 15 Jahren nimmt der Verkehr nicht zu. Wo sonst in der Schweiz gibt es das? Die Brennpunkte liegen anderswo: entlang des Genfersees und in den Agglomerationen rund um Bern, Basel, Chiasso, Lugano, Luzern, St. Gallen, Winterthur, Zürich, Zug oder beim Autobahnkreuz bei Härkingen SO. Diese Orte haben ein Vielfaches an Verkehr zu verkraften. Der Gotthard aber hat eine gute Verkehrsinfrastruktur und braucht keine weiteren Löcher!
Trick: Eine repräsentative Umfrage des unabhängigen LINK-Instituts zeigt, wie absurd die Vorlage zur 2. Röhre ist. Nur ein Drittel (!) der Schweizerinnen und Schweizer glauben, was Verkehrsministerin Doris Leuthard und die Mehrheit des Parlaments versprechen: dass nämlich nach dem Bau der 2. Röhre die zur Verfügung stehenden vier Spuren nur zur Hälfte genutzt werden. Mit diesem Versprechen umgehen die Befürworter der 2. Röhre die Verfassung, welche den Ausbau der Transitstrassen durch die Alpen verbietet. Dieser Trick ist einer Demokratie unwürdig. Die 2. Strassenröhre am Gotthard gehört schon alleine deshalb abgelehnt.
Verlagerung: Die LINK-Umfrage zeigt zudem, dass die Bevölkerung die Verlagerung der Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene will und keine Abstriche akzeptiert (siehe Grafik). Im Tessin sagen sogar 80 Prozent der Befragten, dass sie am Verlagerungsziel von 650’000 alpenquerenden Lastwagen festhalten wollen. Eine 2. Gotthardröhre widerspricht diesem Wunsch komplett. Sie würde die Verlagerung der Güter auf die Schiene stoppen und noch mehr Lastwagen anlocken.
Transithölle: Mit einer 2. Röhre macht sich die Schweiz erpressbar. Die EU oder die Transportlobby können aufgrund des Landverkehrsabkommens verlangen, dass die Kapazitäten am Gotthard nicht künstlich beschränkt werden. Es gibt auch hierzulande genug Befürworter der freien Fahrt durch die Alpen, die das Gesetz der Einspurigkeit rasch revidieren könnten. Der Alpenschutzartikel lässt sich besonders leicht kippen, wenn das Geld schon ausgegeben ist und die vier Spuren asphaltiert sind.
Sanierung: Das Bundesamt für Strassen ASTRA hat mit zahlreichen Pirouetten überrascht. Dem Parlament erzählte es, nach 2025 könne der Gotthardtunnel nicht mehr sicher betrieben werden. Jetzt heisst es plötzlich, dank kleiner Unterhaltsarbeiten sei der Tunnel bis 2035 problemlos befahrbar. Auch zeigt der vergleichbare Arlbergtunnel in Österreich, dass eine Sanierung viel kostengünstiger sein kann. Der Bundesrat aber gibt sich überkorrekt gegenüber der EU: Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied will den Gotthard an die EU-Normen für neue Tunnel anpassen, während Österreich als EU-Mitglied den Arlbergtunnel nur gemäss der Normen für bestehende Tunnel saniert.
Tessin: Während der Sanierungszeit braucht es keine 2. Röhre. Auf der Schiene hat es mit der Eröffnung des neuen Gotthard-Basistunnels 2016 mit Sicherheit genug Kapazitäten für alle Güter- und Personentransporte, inklusive eines leistungsfähigen temporären Auto- und Lastwagenverlads. Das Tessin und die Deutschschweiz bleiben stets bestens miteinander verbunden. Und mehr Verkehr will im Tessin niemand. Schon heute leidet der südliche Teil des Kantons an verstopften Strassen und unter der schlechtesten Luft der ganzen Schweiz.
Planungschaos: 2014 sagte Bundesrätin Doris Leuthard im Nationalrat, für die Installationsplätze der 2. Röhre brauche es im Tessin 29’0000 Quadratmeter Fläche, in Uri 30’000. Inzwischen spricht das ASTRA von 220’000 Quadratmetern für das Tessin und 150’000 für Uri. Die Verladestationen hingegen benötigen 3- bis 4-Mal weniger Fläche…
Finanzen: Die 2. Röhre kostet langfristig 3 Milliarden Franken mehr als die vernünftige Sanierung inklusive Verladeanlagen. Jetzt, wo der Bund in allen Bereichen spart, ist es doppelt stossend, diese 3 Milliarden ohne Dringlichkeit am Gotthard zu verlochen. Die Liste der nicht-finanzierten Ausbau- und Sanierungswünsche ist lang. Alle Regionen der Schweiz sind davon betroffen, insbesondere die Westschweiz, die dringenden Investitionsbedarf hat.
Sicherheit: Die grösste Gefahr stellen die Lastwagen dar. Je weniger Lastwagen, desto geringer das Unfallrisiko. Zudem wird bis in 15 Jahren jedes Fahrzeug mit Spurhaltesystemen und Schnellbremsassistenten ausgerüstet sein, womit Frontalkollisionen praktisch ausgeschlossen werden. Die unabhängige Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu kam zum Schluss: Wenn es wegen der 2. Röhre 3 Prozent mehr Verkehr gibt, dann steigt das Unfallrisiko auf den 300 Kilometern von Basel bis Chiasso. Das aber macht den kleinen Sicherheitsgewinn der 17 Tunnelkilometer zunichte.
Alpen: Die Klimaerwärmung wirkt sich in den Alpen um ein Vielfaches stärker aus als im Flachland. Zudem reagiert das alpine Ökosystem sehr sensibel auf negative Umwelteinflüsse. Lastwagen stossen noch gleichviel CO2 aus wie vor 30 Jahren. Will die Schweiz ihre Klimaziele erreichen, muss die Zahl der alpenquerenden Lastwagenfahrten dringend reduziert werden. Eine 2. Strassenröhre ist auch deswegen kreuzfalsch.
NEIN am 28. Februar 2016!
Der Bundesrat hat die Abstimmung über die 2. Strassenröhre am Gotthard auf den 28. Februar 2016 festgelegt. Wir sind auf Aktivistinnen und Aktivisten aus allen Ecken und Enden der Schweiz angewiesen.
Helfen Sie mit, das unnötige Milliardenprojekt mit einem NEIN zu stoppen!