20. August 2008

Bundesrat Hans-Rudolf Merz zeigt weiterhin Bereitschaft, der Lastwagenbranche entgegenzukommen, indem er die geplante Erhöhung der LSVA für Euro-3-Fahrzeuge auf 2011 hinausschieben will. Dies, obwohl sich die Kantone dagegen wehren und rund 130 Millionen Franken Entschädigung fordern wollen. Gegen den von Merz angebotenen „Kuhhandel“ mit der Lastwagenbranche sprechen zahlreiche weitere Gründe, wie die Alpen-Initiative darlegt.

Die generelle LSVA-Tariferhöhung wurde bereits im Oktober 2007 vom Bundesrat beschossen und auf den 1.1.2008 in Kraft gesetzt. Dabei wurde gleichzeitig für Euro3-LKW die Erhöhung um ein Jahr auf den 1.1.2009 hinausgeschoben.

Die ASTAG bekämpft die Erhöhung 2008 mit der Begründung, die Kosten seien schon gedeckt. Es läuft ein Zahlungsboykott. Die entsprechenden Einsprachen gegen die Rechnungen der Zollverwatung liegen zurzeit beim Bundesverwaltungsgericht. Die angedrohten Strassenblockaden wurden bisher nicht umgesetzt.

Die ASTAG bekämpft aber auch die Einstufung der Euro3-Lastwagen. Die Amortisationszeit sei zu kurz, um die damals als Reaktion auf die Einführung der LSVA neu gekauften Fahrzeuge abzuzahlen. Wegen der gestiegenen Dieselpreise seien viele Unternehmen vor dem Konkurs. Die ASTAG hat einen „Kompromiss“ angeboten: Rückzug der Einsprachen gegen die generelle Erhöhung, wenn die Neueinstufung der Euro3-Fahrzeuge um 2 Jahre hinausgezögert wird und neu die Einstufung generell für jeweils 10 Jahre Gültigkeit hat.

Der Bundesrat ist vorerst nicht auf den Kompromiss eingestiegen, zeigt aber weiter Bereitschaft, die Abklassierung der Euro-3-Fahrzeuge um zwei Jahre auf 2011 hinauszuschieben. Hingegen ist er nicht bereit, die Motion Amstutz wie von der ASTAG gefordert wortgetreu umzusetzen. Sie verlangt, dass eine Euro-Norm künftig mindestens zehn Jahre in der besten Abgabekategorie verbleiben soll.

Grundsätzliche Überlegungen:

1. Es werden verschiedene Dinge vermischt: Der Dieselpreis ist eine rein marktwirtschaftliche Angelegenheit, der auch andere Unternehmen (Landwirtschaft, Schifffahrt, Bau etc.) und die privaten Automobilisten mit Diesel-Fahrzeugen ausgesetzt sind. Die LSVA ist ein Instrument zur Anlastung der Kosten des Schwerverkehrs und ein bewusst eingesetztes Lenkungsinstrument der Verkehrspolitik.

2. Durch einen Aufschub der Neueinstufung der Euro3-LKW würde eine kleine Gruppe gegenüber andern vom Dieselpreisschub betroffenen Gruppen (Landwirtschaft, Schifffahrt, Baugewerbe etc.) bevorzugt.

3. Es ist nicht Aufgabe des Staates, eine Strukturbereinigung beim Transportgewerbe aufzuhalten. Sie wird ohnehin stattfinden, weil sie andere Ursachen hat.

4. Der Bundesrat darf sich nicht durch Blockade-Drohungen und Klagen erpressen lassen.

5. Der Bundesrat wird unglaubwürdig, wenn er jetzt diesen verkehrspolitischen Zickzack-Kurs einschlägt.

6. Es ist unwahrscheinlich, dass die ASTAG alle ihre Mitglieder durch einen Kuhhandel dazu bringen kann, ihre Einsprachen gegen die Tariferhöhung 2008 zurückzuziehen. Wenn auch nur ein Unternehmen sich weigert, bleibt das Damoklesschwert eines Bundesgerichtsurteil.

Bundesfinanzen:

7. Die Mindereinnahmen der LSVA gehen grossenteils zulasten der Investitionen in den öffentlichen Verkehr, da zwei Drittel der Einnahmen in den FinöV-Fonds gehen. Dort ist man aber auf jeden Franken angewiesen, um die Infrastruktur so auszubauen, dass eine schrittweise Verlagerung auf die Schiene möglich wird. Verband öffentlicher Verkehr.

8. Das restliche Drittel gehört den Kantonen, die fest mit diesen Einnahmen rechnen. Die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) sowie die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs haben denn auch Vorbehalte gegen die mögliche Verschiebung der LSVA-Erhöhung auf 2011 angemeldet. Sollte der Bundesrat der ASTAG entgegen kommen und die Frist verlängern, wollen die Kantone, dass der Bund aus der Bundeskasse ihren Einnahmeausfall von insgesamt 130 Millionen Franken begleicht.

9. Würde hingegen die Mineralölsteuer gesenkt, was als Reaktion auf den gestiegenen Dieselpreis logischer und ehrlicher wäre, so ginge dies wenigstens zulasten des Strassenbaus, der im Sinne von Klimaschutz und als Reaktion auf die hohen Ölpreise ohnehin sinnvoll wäre.

Verkehrspolitik:

10. Die LSVA wird von den Transportunternehmen auf die Kunden abgewälzt. Dass die Erhöhung und Neueinstufung auf den 1.1.08 stattfindet, war schon seit 2000 bekannt und konnte von den Unternehmen bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden.

11. Ein starkes Preissignal fördert die vom Volk beschlossene Verlagerungspolitik, ohne dass dem Staat Kosten entstehen. Eine LSVA-Reduktion wäre kontraproduktiv.

12. Die aktuelle Verkehrsentwicklung zeigt, dass die Zahl der Lastwagenfahrten durch die Alpen wieder zunimmt. Das widerspricht der vom Volk beschlossenen Verlagerungspolitik. Auch aus diesem Grund ist es nicht angezeigt, jetzt in den Markt einzugreifen und das Lastwagengewerbe zu „subventionieren“.

13. Die Erhöhung der LSVA ist mehr als gerechtfertigt: Die externen Kosten werden insbesondere im Bereich des Klimas noch immer systematisch unterschätzt.

14. Die LSVA-Tarife waren bisher faktisch immer 0,15 bis 0,17 Rappen (Durchschnitt) tiefer als nominal in der Verordnung angegeben, da die Tarifberechnungen auf Daten über die Zusammensetzung der Fahrzeugflotte beruhen, die zum Zeitpunkt der Erhebung immer schon überholt waren.

15. Die LSVA-Erhöhung in zwei Etappen 2005 und 2008 ist auch ein Teil des Landverkehrsabkommens mit der EU. Die LSVA soll den Produktivitätsgewinn durch die höhere Gewichtslimite ausgleichen. Auch mit dem neuen Tarif 2008 wird dieses Ziel nicht vollständig erreicht. Der LSVA/40-Tonnen-Deal war für das Transportgewerbe also insgesamt ein profitables Geschäft.