Die Effizienz von Lastwagen hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verbessert. Für Roberto Bianchetti* und Peter de Haan* vom Beratungsunternehmen EBP, Bereich energieeffiziente Mobilität, ist klar, dass neben einer Verlagerung auf die Schiene auch generell der Verkehr eingedämmt werden muss.
Interview mit Mobilitätsexperten zum Lastwagenverkehr
mh. Mit enormem Aufwand konnten die Stickoxid- und Feinstaubemissionen von Lastwagen gesenkt werden. Lässt sich dies auch beim Dieselverbrauch und den CO2-Emissionen feststellen?
Schon immer wurden Dieselmotoren in Lastwagen auf möglichst geringe Treibstoffkosten optimiert. Die technischen Potenziale, den Verbrauch zu reduzieren, sind deshalb kleiner als beim Personenwagen. Wenn Dieselmotoren weniger Stickstoffe und Feinstäube ausstossen dürfen, so geht das grundsätzlich zulasten der Energieeffizienz. Deshalb hat die Effizienz der Lastwagenmotoren in den letzten Jahrzehnten stagniert.
Was bedeutet diese Stagnation für den Klimawandel?
Die CO2-Emissionen aus Industrie und Gebäuden gehen seit 1990 zurück, im Strassenverkehr steigen sie weiter an. In den letzten Jahren ist es dank den CO2-Vorschriften für Autos und Lieferwagen gelungen, den weiteren Anstieg abzubremsen. Doch der Strassenverkehr wird in den nächsten Jahrzehnten laut Prognosen weiterwachsen. Wenn sich die Effizienz von Lastwagen nicht verbessert, wird auch deren Anteil an den globalen CO2-Emissionen steigen.
Was muss getan werden?
Es gibt drei Handlungsbereiche: Der Verkehrszunahme entgegenwirken, effizientere Fahrzeuge einsetzen und erneuerbare Energie verwenden. Für neue Personen- und Lieferwagen wurden CO2-Vorschriften eingeführt. Der Staat kontrolliert aber nicht, ob diese nur auf dem Papier oder auch in der Realität eingehalten werden. Die EU plant mittelfristig auch CO2-Vorschriften für Lastwagen, um die noch vorhandenen Effizienzpotenziale herauszuholen. Die Berechnung der externen Kosten des Verkehrs – das sind zum Beispiel die Kosten von Luftverschmutzung und Lärm – müsste weiter gefasst werden. Würden die Klimakosten auch einberechnet, dann könnte die LSVA gut begründet erhöht werden. Das würde auch Verlagerungseffekte auf die Schiene auslösen.
Beim Personenverkehr sprechen heute alle von Elektromobilität. Welches Innovationspotenzial besteht beim Güterverkehr?
Für Elektromobilität sollte immer Ökostrom eingesetzt werden. Dann hat man grosse Vorteile bei den Schadstoff- und CO2-Emissionen. Aber auch Elektrofahrzeuge brauchen Strassen und stehen im Stau. Bei den Personenwagen gibt es mehrere massenmarkttaugliche Modelle. Der Güterverkehr aber lässt sich nicht so einfach elektrifizieren. Für die innerstädtische Logistik und Lastwagen auf kurzen Routen sind vollelektrische Fahrzeuge eine Option. Die bereits heute bei Pilotprojekten eingesetzten vollelektrischen Lastwagen in der Schweiz sind aufgrund der hohen Fahrleistung wirtschaftlich. Allerdings nur auf kurzen Strecken.
Besteht auch ein Innovationspotenzial für den Transitverkehr?
Aus der Gesamtsicht sollten zuerst Personen- und Kurzstreckengüterverkehr elektrifiziert werden. Für den Langstreckengüterverkehr kommt der Einsatz alternativer Treibstoffe in Frage: erneuerbar produzierter Wasserstoff, Biotreibstoffe der zweiten Generation, allenfalls synthetisches Erdgas aus erneuerbarem Strom. Für E-Lastwagen auf langen Strecken sehen wir kein Potenzial: Der Energiebedarf ist zu hoch, die Batterien wären zu schwer. Auch Ansätze wie induktive Autobahnspuren oder Stromoberleitungen für Lastwagen sind unrealistisch, da sie einen hohen Grad an Standardisierung und hohe Investitionen verlangen würden.
Was kann man also tun, um die Verkehrsemissionen von Lastwagen zu senken?
Alles verlagern? Zuerst sollte man die Zunahme des Verkehrs eindämmen, bevor man ihn verlagert. Beim Strassenverkehr sollten auch externe Kosten wie Klimawandel, der Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen und die Landschaftszerschneidung eingerechnet werden. Daraus kann sich teilweise eine Verlagerung auf die Schiene ergeben.
DAS FORDERN WIR
CO2:
Die Lastwagen stossen noch immer gleich viel klimaschädigendes CO2 aus wie vor 20 Jahren. Mit der Einführung von Flottenzielen können die CO2-Emissionen gesenkt werden. Das ist wichtig, denn besonders die Alpen leiden unter der Klimaerwärmung.
LSVA:
Die LSVA ist mit neuen Elementen zu ergänzen, welche sich beispielsweise nach dem CO2-Ausstoss der Lastwagen richten. Der Grund: Die Verlagerungswirkung der LSVA nimmt kontinuierlich ab, weil sie die Lastwagen in Kategorien einteilt, die nicht weiterentwickelt werden.
* Roberto Bianchetti hat an der ETH Zürich Umwelt- und Energiewissenschaften studiert. Seit 2012 ist er beim Beratungsunternehmen EBP zuständig für energieeffiziente Mobilität.
* Dr. Peter de Haan leitet beim Beratungsunternehmen EBP die Gruppe Energiepolitik und Mobilität. Er ist zudem ETHZ-Dozent für «Energie und Mobilität» sowie «Neue Geschäftsmodelle für die Mobilität der Zukunft».
Echo 147