15. März 2012

Angenehme Stimmung und Merlot auf dem Bundesplatz in Bern: Eine Gruppe von Aktivisten, die 14 Tessiner Organisationen (inklusive Alpen-Initiative) vertraten, haben typische Tessiner Produkte an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier verteilt und dabei ihre Argumente gegen eine zweite Strassenröhre am Gotthard vorgebracht. Heute sind, wie 1994 und 2004, im Tessin primär die Wirtschaftsverbände für eine zweite Röhre. 1994 und 2004 aber sagte eine Mehrheit der Tessinerinnen und Tessiner Nein zu einer zweiten Röhre. Diesen Teil der Tessiner Bevölkerung vertritt die Koalition.

Keineswegs alle Tessinerinnen und Tessiner sind für eine 2. Röhre am Gotthard (siehe Artikel von Marina Carobbio). Die Gründe sind unterschiedlich. Für die 14 Tessiner Organisationen ist klar, dass der Bau einer zweiten Strassenröhre unweigerlich mehr Verkehr bringen würde, vor allem auch Transitlastwagen. Das aber hätte dramatische Folgen für die allgemeine Lebensqualität und die Gesundheit der Menschen. Überdies würde damit die Verlagerung der Gütertransporte von der Strasse auf die Schiene definitiv zunichte gemacht. Eine zweite Strassenröhre widerspricht auch dem mehrfach geäusserten Volkswillen. Die Schweiz, aber auch das Tessin haben in mehreren Abstimmungen die Verlagerungspolitik unterstützt, zum Beispiel 1994 beim Ja zur Alpen-Initiative (Tessin: 63,8 Prozent Ja) oder 2004 beim Nein zur Avanti-Initiative, die eine zweite Röhre am Gotthard vorsah (Tessin: 55,7 Prozent Nein).

Die 14 Tessiner Organisationen erinnerten auch daran, dass die Sicherheit allein kein Argument für den Bau einer zweiten Röhre sein kann. Erstens würde der Mehrverkehr das Risiko von Unfällen erhöhen, und zweitens ist die Gefahr von Lastwagenbränden – die mit Abstand grösste Gefahrenquelle – nicht gebannt. Auch menschliches oder technisches Versagen kann nie ausgeschlossen werden. Im Übrigen glauben die Tessiner Organisationen nicht im Entferntesten daran, dass eine zweite Röhre keinen Mehrverkehr bringt, wie das die Befürworter immer wieder behaupten. Ist der zweite Tunnel erst einmal da (und er muss zweispurig gebaut werden), wäre es nur eine Frage der Zeit, bis die gebaute und finanzierte Infrastruktur auf politischen Druck hin voll genutzt würde. Schliesslich würde bei den ersten Staus auch die EU grossen Druck auf die Schweiz ausüben, dass bald alle vier Spuren freigegeben wären – und das bedeutet definitiv mehr Verkehr, mehr Lastwagen, mehr Umweltbelastung, verminderte Lebensqualität.

Parallel zu dieser Aktion auf dem Bundesplatz haben die 14 Organisationen einen Brief an Bundesrätin Doris Leuthard geschickt. Darin stellen sie ihre Position und ihre Argumente dar.

Mehr Informationen:

www.sud-nord.ch
SP-Nationalrätin Marina Carobbio in der Neuen Luzerner Zeitung
Der Koalition “Für eine nachhaltige und zuverlässige Süd-Nord-Verbindung” gehören folgende Organisationen an:

Leventina vivibile
Gewerkschaft SEV
Umweltgruppe ALRA der FDP Liberale TI
SOS Mendrisiotto Ambiente
Associazione cittadini per il territorio
Associazione AMICA
Capriasca ambiente
Comitato contro la superstrada Stabio est-GaggioloAlpen-Initiative
Alpen-Initiative
VCS Verkehrs-Club der Schweiz, Svizzera Italiana
WWF, Sektion Tessin
Pro Natura, Sektion Tessin
AeFU Ärzte für Umweltschutz
Greenpeace

Kontakt
Carlo Lepori, Vorstandsmitglied Alpen-Initiative, 079 372 35 95
Werner Herger, VCS Tessin, 079 463 73 99
Francesco Maggi, WWF Tessin, 078 791 68 56