14. August 2024

Der Bundesrat hat Massnahmen geprüft, um den Ausweichverkehr entlang der Nord-Süd-Achsen im Alpenraum einzudämmen. Er anerkennt, dass die Problematik speziell in den engen Alpentälern gross ist. Mut und den Blick für das grosse Ganze beweist er im dazu publizierten Bericht aber nicht. Weitreichende Instrumente wie eine Maut für Alpendurchfahrten oder Buchungssysteme wischt er vorschnell vom Tisch. Aus Sicht der Alpen-Initiative setzt der Bundesrat auf Pflästerlipolitik, statt das Problem bei der Wurzel anzugehen.

Der ungebremst steigende Personen- und Freizeitverkehr durch die Alpen ist mittlerweile ein Politikum, das auch Bundesbern beschäftigt. Auf Aufforderung durch das Parlament hat der Bundesrat Massnahmen geprüft, um den Ausweichverkehr entlang der Nord-Süd-Achsen im Alpenraum einzudämmen. Im vor dem Sommer veröffentlichten Bericht  verpasst es der Bundesrat allerdings, echte Lösungen vorzuschlagen und beim stetig wachsenden Verkehrsaufkommen anzusetzen.

Fehlender Blick fürs grosse Ganze

Der Bundesrat konzentriert sich im Bericht und in den vorgeschlagenen Massnahmen nur auf den Ausweichverkehr und schlägt auch dort nur zwei Weiterentwicklungen bestehender Massnahmen vor: automatisierte Ausfahrtsdosierungen und Anschlusssperrungen. Dabei ignoriert er, dass sowohl verschiedene Vorstösse als auch die Standesinitiative Uri verlangen, das gesamte Verkehrsvolumen durch die Alpen anzugehen. «Der Bundesrat betrachtet die Personenverkehrsmengen als gegeben und will trotz des wachsenden Verkehrs an den Alpenpässen und des verfassungsmässigen Kapazitätsausbauverbotes nichts daran ändern», kritisiert Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative und Nationalrat aus Graubünden. Die Argumente des Bundesrates gegen verkehrsreduzierende Massnahmen wie eine Maut für Alpenquerungen oder ein Buchungssystem überzeugen nicht. Die angesprochenen Schwachstellen sind kontrollierbar oder können deutlich gemindert werden. Aus Sicht der Alpen-Initiative fehlt es schlicht am politischen Willen im Verkehrsdepartement (UVEK).

Massnahmen zur Verkehrsreduktion und Verlagerung auf die Bahn nötig

Aus Sicht der Alpen-Initiative soll der Bund kurzfristig und in Zusammenarbeit mit den Kantonen sinnvolle technische Massnahmen umsetzen, um das Problem des Ausweichverkehrs rasch anzupacken. Dazu gehören automatisierte Ausfahrtsdosierungen und Anschlusssperrungen. «Damit lindert er das Leid der betroffenen Bevölkerung unmittelbar. Ausserdem müssen die Kantone mehr Spielraum erhalten, um Massnahmen gegen den Ausweichverkehr umzusetzen», fordert Django Betschart, Geschäftsleiter der Alpen-Initiative.

Mittelfristig braucht es unbedingt weiterreichende, steuernde Instrumente und Massnahmen. Diese sollen einerseits die temporären Spitzen brechen und andererseits den ausufernden Verkehr generell eindämmen. Das ist vor dem Hintergrund des prognostizierten Verkehrswachstums unumgänglich.

Der Bundesrat soll dazu unter anderem folgende Massnahmen weiter prüfen und verfolgen:

  • Ein Slotmanagementsystem. Dabei soll auch ein Verzicht auf spezielle Warteräume in Betracht gezogen werden. Stattdessen könnte der Bund auf abschreckende Strafgebühren bei Durchfahrten ohne gebuchten Slot setzen.
  • Eine Benutzungsgebühr, also eine Maut für Alpendurchfahrten. Mit den Mauteinnahmen sollen besonders betroffene Kantone entschädigt werden.
  • Temporäre Fahrverbote (Zubringer und Anwohner gestattet) auch auf Strassen, die der Durchgangsstrassenverordnung und somit der Kompetenz des Bundes unterliegen.
  • Eine Ausdehnung des Nacht- und Sonntagsfahrverbotes für Lastwagen auf den Transitstrecken auf Freitage und Samstage an reiseintensiven Wochenenden. Dies ist in Frankreich bereits in Anwendung. So kann der Reise- und Güterverkehr entflochten und ein Anreiz für eine zusätzliche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn gesetzt werden.
  • Beeinflussung von Navigationssystemen direkt über die Anbieter der Navis (Google, etc.) oder indirekt über Ampelsysteme und künstliche Stauerzeugung auf den Ausweichrouten.
  • Trennung von Binnen- und Transitverkehr mit priorisierter Durchfahrt für den Binnenverkehr. Ähnlich wie bei alpenquerenden Lastwagen (S-Verkehr) soll eine Priorisierung des Binnenverkehrs geprüft werden, um Berufspendlerinnen und -pendler sowie Gewerbetreibende, die auf eine regelmässige Nutzung des Gotthard-Strassentunnels angewiesen sind, zu entlasten.

Zudem braucht es dringend Massnahmen, um die Verlagerung des Strassenverkehrs auf den öffentlichen Verkehr, insbesondere die Bahn, zu stärken. Wir erwarten vom Bundesrat, dass er die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs gemäss gesetzlicher Vorgabe stärkt. Für eine weitere Verkehrsreduktion auf der Strasse soll er auch Massnahmen und Angebotsverbesserungen einleiten, um mehr alpenquerende Reisende vom Privatauto auf die Bahn zu bringen.

Der Ausbau der Strassenkapazität ist keine Lösung. Dieser lockt nur noch mehr Verkehr an und widerspricht dem verfassungsmässigen Alpenschutz.

Aktion gegen Ausweichverkehr

Um für die Problematik des Ausweichverkehrs zu sensibilisieren, veranstaltete die Alpen-Initiative am Freitag, 24. Mai, in Wassen die Aktion «Ihr fahrt uns durch die Stube». Mit einer gemütlichen Stube, einem Schlafzimmer und einer Terrasse entlang der Kantonsstrasse zeigte die Alpenschutzorganisation auf, dass der Verkehr die Anwohnenden in ihrem Alltag stört und setzte ein unübersehbares Statement gegen den überbordenden Ausweichverkehr.

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