Vor 30 Jahren – am 20. Februar 1994 – sagte das Volk Ja zur Alpeninitiative. Obwohl der Alpenschutz seither in der Verfassung verankert ist und die Verlagerungspolitik als Erfolgsmodell gilt, nimmt die Anzahl der alpenquerenden Lastwagenfahrten aktuell wieder zu. Am Jubiläumsanlass warfen die Podiumsteilnehmenden nicht nur einen Blick auf die bewegte Geschichte, sondern diskutierten auch über die Zukunft des alpenquerenden Verkehrs. Die Forderung der Alpen-Initiative ist klar: Der Bundesrat soll in der Verkehrspolitik die Verlagerung auf die Schiene wieder ins Zentrum rücken.
Die Alpen-Initiative hat am Sonntag im bis auf den letzten Platz besetzten Alpinen Museum in Bern 30-Jahre-Abstimmungserfolg gefeiert. Bei aller Freude über den Erfolg wurde auch die Entwicklung der Verlagerungspolitik kritisch beleuchtet: Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs geht nach langen Jahren der kleinen Fortschritte in die falsche Richtung. Seit 2021 steigt die Zahl der Lastwagenfahrten durch die Alpen wieder. 2022 betrug die Fahrtenzahl 927’000 (dies entspricht einem Anstieg von +7.5% im Beobachtungszeitraum 2020-2022). Damit wird die eindrückliche Erfolgsgeschichte der Verlagerungspolitik in der Schweiz nicht weitergeschrieben und das im Gesetz festgehaltene Verlagerungsziel von 650’000 Lastwagenfahrten durch die Alpen überschritten, um satte 277’000.
Faire Chancen für die Schiene
Die Güterbahn ist um ein Vielfaches klima- und umweltfreundlicher und verursacht obendrein weniger Lärm und Unfälle. An der Podiumsdiskussion «Von der Teufelsbrücke in die Verkehrszukunft» mit Jon Pult (Präsident der Alpen-Initiative und Nationalrat), Chiara Gisler (Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative), Michail Stahlhut (CEO der im alpenquerenden Schienengüterverkehr aktiven Hupac AG) und Benjamin Giezendanner (CEO der Giezendanner Transport AG und Nationalrat) wurden die Vorteile der Schiene gegenüber der Strasse ausgeführt und debattiert. Pult hielt fest: «Der Alpenschutz ist kein Selbstläufer. Es braucht wirksame Massnahmen und die nötige Unterstützung des Bundes, damit die Schiene im Wettbewerb mit der Strasse eine faire Chance hat.»
Herausforderungen im Flachland und beim Freizeit-Personenverkehr
Der Einsatz der Alpen-Initiative ist aber nicht nur beim alpenquerenden Güterverkehr gefragt. Auch beim schweizweiten Schienengüterverkehr droht eine massive Rückverlagerung von der Schiene auf die Strasse: 650’000 zusätzliche Lastwagenfahrten im Jahr sind zu befürchten. Ausserdem wird der wachsende Freizeit-Personenverkehr und damit die Problematik des Ausweichverkehrs mehr und mehr zur Belastung für die Menschen und die Natur – insbesondere in den Alpen.
Forderungen an Bundesrat und Parlament
Die Alpen-Initiative fordert den Bundesrat und das Parlament auf, den Alpenschutz in der Verkehrspolitik konsequent zu verfolgen und das Erfolgsprinzip der Verlagerung auf die Schiene ins Zentrum zu rücken:
- Alpenquerender Güterverkehr: Um den Negativtrend der steigenden Lastwagenzahlen zu brechen, muss der Bund ambitionierte Massnahmen ergreifen. Die Alpen-Initiative fordert zusätzliche finanzielle Mittel, um die Verlagerung neuer Verkehre zu fördern, eine vollumfängliche und rasche Anpassung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) an die Teuerung und die Einführung einer Alpentransitabgabe für den Schwerverkehr.
- Güterverkehr schweizweit: Der Bundesrat hat die Herausforderung beim Schienengüterverkehr im Binnenverkehr zwar rechtzeitig erkannt und will Abhilfe schaffen. Der jetzige Vorschlag des Bundesrates erhält jedoch nur den Status quo. Um die schweizweite Verkehrsverlagerung zu stärken, fordert die Alpen-Initiative – über das bestehende Verlagerungsziel für alpenquerende Lastwagen hinaus – ein ambitioniertes, verbindliches Güterverlagerungsziel für das ganze Land sowie entsprechende Fördermittel.
- Personenverkehr durch die Alpen: Um die Bevölkerung vor dem Verkehr durch die Bergdörfer zu schützen, sind schnelle und mutige Lösungen gefragt: Ein intelligentes Verkehrsmanagement, das den Verkehr auf dem übergeordneten Strassennetz hält und Spitzen bricht sowie mehr Verlagerung auf die Bahn. Die Alpen-Initiative fordert den Bundesrat auf hier aktiv zu werden.