17. September 2024

Die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs steht stark unter Druck. Der Halbjahresbericht des Bundesamts für Verkehr (BAV) zeigt einen Anstieg der Lastwagenfahrten über die Schweizer Alpen. Zusätzlich ist der Bahnanteil leicht rückläufig. Der Ball liegt nun beim Ständerat, der am 24. September 2024 über drei wichtige Motionen abstimmt, die eine Stärkung der Verlagerung zum Ziel haben. In einer Interpellation wird der Bundesrat zudem aufgefordert, zusätzliche Massnahmen zu ergreifen, um den Alpenschutze zu sichern.

Der jüngste Halbjahresbericht des Bundesamts für Verkehr (BAV) zeigt alarmierende Entwicklungen im alpenquerenden Güterverkehr. Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Zahl der Lastwagenfahrten über die Schweizer Alpen um 3,5 Prozent. Besonders am Gotthard-Pass wurden mit einem Anstieg von 5,2 Prozent signifikante Zunahmen verzeichnet. Das BAV nennt eingeschränkte Infrastrukturen durch Baustellen im In- und Ausland, insbesondere auch die Entgleisung im Gotthard-Basistunnel im August 2023, als Grund für die Rückverlagerung von zeit- und qualitätssensitiven Transporten auf die Strasse. Diese Entwicklung widerspricht den Zielen der Schweizer Verlagerungspolitik, die den alpenquerenden Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene verlagern will, um die Umwelt und die Bevölkerung in den Alpen zu schützen.

Verlagerungspolitik im Ständerat

In der Sommersession hat der Nationalrat die Dringlichkeit zur Stärkung der Verlagerung noch anerkannt. So wurden drei Kommissionsvorstösse zum Verlagerungsbericht 2023 angenommen, die neue und wichtige Impulse für die Güterverlagerung auf die Schiene geben sollen. In der ständerätlichen Kommission wiederum, setzte sich die sparpolitische Argumentation durch und es wurden bloss zwei der drei Motionen angenommen. Die dritte Motion «Für eine stärkere Verlagerung auf mittlere Transportdistanzen» wurde von einer Kommissionsmehrheit abgelehnt. Die Motion will die Verlagerungspolitik stimulieren, ohne Transporte längerer und mittlerer Distanzen gegeneinander auszuspiele. Die Zahlen aus dem Halbjahresbericht des BAV zeigen, dass es nun wichtig ist, dass der Ständerat am 24. September den Kommissionsentscheid korrigiert und die Motion annimmt.

Infrastrukturprojekte gefährden Verlagerung

Für die zweite Jahreshälfte 2024 prognostiziert das BAV einen weiteren deutlichen Rückgang der Schienentransporte aufgrund von Bauarbeiten auf den Zufahrtsstrecken in Italien und Deutschland. Die Alpen-Initiative teilt diese besorgniserregende Einschätzung. Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative und Nationalrat, warnt in seinem neuen Vorstoss vor einer Verschärfung der Situation durch Grossbaustellen in den Nachbarländern. Die Generalsanierung des deutschen Schienennetzes, die bis mindestens 2031 andauern wird, führt zu monatelangen Sperrungen von kritischen Strecken auf dem Nord-Süd-Güterkorridor. Wenn die deutsche Infrastrukturbetreiberin (InfraGO) die Trassenpreise im Güterverkehr bis 2026 wie angekündigt um 14,8 Prozent erhöhen muss, würde dies die Verlagerung nördlich der Alpen stark belasten. Parallel dazu wird die Luegbrücke auf der österreichischen Brennerautobahn ab 2025 neu gebaut und bis 2030 nur einspurig befahrbar sein. Es droht, dass Strassentransporte auf die Schweizer Alpenübergänge umgeleitet werden. Jon Pult fordert: «Wie das BAV selbst auch angedeutet hat, braucht es nun dringend Massnahmen zur Stärkung der Schiene, um eine weitere Zunahme der Lastwagenfahrten durch die Schweizer Alpen zu verhindern.»

Eingereichte Interpellation

In seiner Interpellation fordert Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative und Bündner Nationalrat, den Bundesrat dazu auf, Stellung zu den potenziellen Auswirkungen der Infrastrukturprojekte in Deutschland und Österreich auf die Schweizer Verlagerung zu nehmen. Weiter unterstreicht er die Notwendigkeit, Massnahmen zur Stärkung der Verlagerung zu ergreifen. Es braucht eine klare Strategie, um die drohende Rückverlagerung auf den Strassengüterverkehr zu verhindern. Emmanuel Amoos und Christophe Clivaz, Vorstandsmitglieder der Alpen-Initiative und Nationalräte, haben den Vorstoss mitunterzeichnet.