20. Februar 2007

Fabio Pedrina, Nationalrat (SP/TI), Präsident der Alpen-Initiative
1. Der Bundesrat wird aufgefordert, die Netzzugangsverordnung ertragsneutral so zu ändern, dass beim nicht konzessionierten Verkehr

Deckungsbeitrag und Mindestpreis der Trassenpreise nach Angebot und Nachfrage differenziert werden, und
die Slots bei der Preisgestaltung höher gewichtet werden als das Zugsgewicht.
Nötigenfalls ist dem Parlament eine Änderung des Eisenbahngesetzes (Art. 9b
Abs. 3) zu beantragen.

2. Das BAV ist anzuhalten, das bereits heute vorgesehene Bonus/Malus-System (Art. 21 Abs. 2 Netzzugangsverordnung) beförderlich einzuführen.

Begründung:
Die Trassenpreise sind ein bestimmender Faktor für die Verkehrsmittelwahl im Güterverkehr. Die heutigen Preise orientieren sich an den Normgrenzkosten (Mindestpreis bestehend aus: Energie, Unterhalt, Fahrdienst, Knotenbahnhöfe; vom BAV festgelegt) und dem Brutto-Gewicht der Züge (Deckungsbeitrag, von der Infrastrukturbetreiberin festlegt); dazu kommen die Preise für Zusatzleistungen.

Das heute angewandte System hat zur Folge, dass viele, an sich vorhandene, aber qualitativ minderwertige Trassen (längere Laufzeiten und Wartezeiten, unpassende Tageszeiten oder Wochentage) gar nicht oder nur selten genutzt werden. Gemäss Angaben der SBB werden die vorhandenen Güterverkehrs-Trassen auf den Nord-Süd-Achsen durchschnittlich nur an 160 Tagen pro Jahr genutzt! Diese Tatsache weist auf grosse Kapazitätsreserven hin, die vor einem teuren Ausbau genutzt werden sollten.

Der Deckungsbeitrag könnte gemäss Netzzugangsverordnung (Art. 20) schon heute statt nach Bruttotonnen nach den Kriterien Trassenbelegung und Regelmässigkeit und Häufigkeit der Benutzung sowie nach der Qualität der Trassen festgelegt werden. Wegen der heutigen Kann-Formulierung sind die Bahnen aber frei, aus einer Liste von 10 Kriterien der Preisgestaltung „mindestens einen“ Faktor auszuwählen (Art. 20 Absatz 1). Eine Preisgestaltung gemäss Angebot und Nachfrage würde dazu beitragen, dass auch die heute weniger nachgefragten Trassen verkauft werden könnten. Der Bund könnte sich damit Infrastrukturausbauten sparen bzw. diese aufschieben. Wenn mehr Trassen verkauft werden können, kann auch ein insgesamt höherer Deckungsbeitrag erwirtschaftet oder stattdessen das Trassenpreisniveau gesenkt werden.

Die Netzzugangsverordnung steht mit der Kann-Formulierung auch im Widerspruch zu Art. 9a Abs. 3 des Eisenbahngesetzes, das eindeutig verlangt, dass die Trassenpreise „insbesondere den unterschiedlichen Kosten im Netz, der Umweltbelastung der Fahrzeuge sowie der Nachfrage Rechnung“ zu tragen hätten.

Da der Deckungsbeitrag heute im Rahmen der Subventionierung des Eisenbahngüterverkehrs grossenteils vom Bund übernommen wird, muss auch der Mindestbeitrag nach den gleichen Kriterien differenziert werden, damit die Marktteilnehmer tatsächlich einen Anreiz zur Benutzung schwach frequentierter Trassen erhalten.

Das heutige Trassenpreissystem, in welchem vor allem die Bruttotonnen ausschlaggebend sind, bietet überdies wenig Anreiz, die technisch möglichen Normen (Zugslänge und Zugsgewicht) optimal zu nutzen. Auch dies trägt dazu bei, dass die Kapazität der vorhandenen Infrastruktur kleiner ist als effektiv möglich. Ein System, das beim Güterverkehr den (optimal genutzten) Slot höher gewichtet als das Gewicht des diesen benutzenden Zuges erhöht die Streckenkapazitäten.

Verspätete Züge blockieren nicht nur das für sie vorgesehene Trasse, sondern zusätzlich Trassen, auf denen sie dann tatsächlich verkehren. Sollen die Trassen möglichst gut genutzt werden, so ist deshalb das in der Netzzugangsverordnung (Art. 21 Abs. 2) vorgesehene, aber bis heute nicht realisierte Bonus-Malus-System zur Anwendung zu bringen.