Die Umweltorganisationen VCS, WWF, Alpen-Initiative, Greenpeace, Pro Natura und umverkehR sowie der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV) nehmen verärgert und enttäuscht den Entscheid der nationalrätlichen Verkehrskommission zum «Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr und das Nationalstrassennetz» zur Kenntnis. Die massive Aufstockung der finanziellen Mittel von 3 Milliarden Franken für den Strassenbau verletzt den Volksentscheid zur Avanti-Abstimmung im Februar 2004 und stellt den Kompromiss des Ständerats in Frage. Er ist für die Umweltorganisationen und den SEV inakzeptabel. Der Nationalrat wird aufgefordert, dem Kompromissvorschlag des Ständerats zu folgen. Oder muss das Volk erneut entscheiden?
6 Milliarden Franken für den Agglomerationsverkehr sind ein bedeutender und wichtiger Beitrag für die Lösung unserer gravierenden Verkehrsprobleme in den urbanen Räumen. Die Umweltorganisationen und der SEV sind zufrieden, dass die nationalrätliche Verkehrskommission damit die Finanzierung von drei S-Bahn-Projekten – dem Kernstück der S-Bahn Genf (CEVA), dem Tiefbahnhof Löwenstrasse Zürich und der Linie Mendrisio- Varese – über den Infrastrukturfonds ermöglicht. Es wird begrüsst, dass 18 ÖV-Projekte aus der Dringlichkeitsliste somit schnell finanziert und ermöglicht werden.
Mit Genugtuung stellen die Umweltorganisationen fest, dass der Fuss- und Veloverkehr (Langsamverkehr) im Gesetzesentwurf Eingang belassen wurde. Für die Umweltorganisationen und den SEV ist es jedoch inakzeptabel dass die nationalrätliche Verkehrskommission heute für den Strassenbau zusätzlich drei Milliarden Franken zur Verfügung stellen will. Der sorgsam erarbeitete Kompromiss des Ständerates wird damit in Frage gestellt und der klare Volksentscheid der Avanti-Abstimmung nicht respektiert. Die unterzeichnenden Organisationen rufen deshalb den Nationalrat eindringlich auf, den heutigen Entscheid in der kommenden Herbstsession zu korrigieren. Sie erinnern den Zweitrat daran, dass die Infrastrukturfonds-Vorlage bereits strassenlastig ist, während 67 Prozent der Stimmenden bezüglich Avanti-Vorlage vom Bund wünschten, dass er mehr finanzielle Mittel für den öffentlichen Verkehr einsetzt, statt Autobahnen auszubauen.
* Mit der Aufstockung von 3 Milliarden Franken für die so genannte Engpassbeseitigung des Nationalstrassennetzes müsste sich der Bund zusätzlich verschulden. Jedes Jahr würden damit Schuldzinsen resultieren, die anderweitig eingespart werden müssten. Die Umweltorganisationen und der SEV sind überzeugt, dass die Mehrheit des Nationalrates heute eine Lösung der Verkehrsprobleme wünscht. Dem knappen Entscheid der Verkehrskommission soll nicht gefolgt werden, damit die Mittelverteilung zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr im Sinne des Ständerates wieder ins Gleichgewicht gebracht wird. Sollte dies nicht der Fall sein, würden wohl die Stimmberechtigten nach Avanti ein zweites mal über die schweizerische Verkehrspolitik entscheiden müssen. * Vox-Analyse Nr. 82, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 8. Februar 2004, GfS, Bern