22. Februar 2002

Alf Arnold-Rosenkranz, Geschäftsführer
Gemessen am Verlagerungsziel, befanden wir uns 2001 trotz Unfalls am Gotthard nicht vollständig auf dem geforderten Stabilisierungskurs. Im laufenden Jahr scheint eine Stabilisierung auf dem Niveau des Jahres 2000 dank dem eingeführten Dosierungssystem annähernd erreichbar. Um die geforderte Reduktion auf 650’000 alpenquerende LKW-Fahrten im Jahr 2008/2009 wirklich zu erreichen, sind weitere Anstrengungen nötig. Die eingeleiteten Massnahmen müssen beschleunigt umgesetzt und weitere Massnahmen beschlossen werden.

Die Verkehrsentwicklung … Die vom Bundesamt für Verkehr publizierten Zahlen ergeben folgendes Bild der Entwicklung des alpenquerenden Schwerverkehrs:Betrachtet man das ganze Jahr 2001 im Vergleich mit dem Vorjahr, so hat sich die Zahl der Langfahrzeuge über Gotthard und San Bernardino praktisch auf dem gleichen Niveau (+/- 0%) gehalten, wenn man alle Fahrzeuge über 6 Meter Länge berücksichtigt. Betrachtet man nur die Fahrzeugklasse über 12,5 Metern Länge, so ist immer noch ein Wachstum von 4% festzustellen.
Da der Unfall im Gotthardtunnel eine ausserordentliche Situation geschaffen hat, ist es realistischer, nur die Zahlen bis zum Monat September zu betrachten, wenn man die Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen beurteilen will. Dann lauten die entsprechenden Zahlen +4,6% (alle) bzw. +10,5% (nur die langen).
Dabei sind der Simplon und der Grosse St. Bernhard nicht berücksichtigt. Die Zahlen sind auch nicht vergleichbar mit den effektiven LKW-Statistiken, die bisher normalerweise herangezogen wurden, da in der Langfahrzeugstatistik auch die Cars, Wohnwagen und lange 3,5-Tönner vorkommen.Gleichzeitig stellt das BAV fest, dass der Schwerverkehr am Brenner und Fréjus stagnierte (der Mont-Blanc blieb auch 2001 geschlossen)
Positiver ist die Entwicklung bei der Eisenbahn:Unbegleiteter Kombiverkehr (UKV) +2%,
Wagenladungsverkehr (WLV) + 3%,
Rola Gotthard –43%,
Rola Lötschberg kompensiert Verluste am Gotthard
Genaueren Aufschluss werden wir erst in zwei oder drei Monaten erhalten, wenn das Alp-Info des ARE mit den Resultaten der LKW-Zählungen (hochgerechnete Stichproben-Zählungen) und die Aufrechnung der transportierten Tonnagen im internationalen Vergleich vorlie-gen werden. Heute ist also nur eine provisorische Einschätzung möglich. Interessant, wenn auch nur als Trendmeldung, sind die Januar-LKW-Statistiken des Zolls in Chiasso. Hier wurde gegenüber dem Januar 2001 eine Reduktion um 12%, also eine Rückführung auf das Niveau des Jahres 2000 festgestellt. Möglicherweise wird dieser Rückgang aber durch eine Zunahme auf den Walliser Pässen kompensiert, womit aus dem Dosierungssystem statt einer gesamthaften Reduktion nur eine andere Verteilung auf die Pässe resultiert hätte. … gemessen an den gesetzlichen VorgabenDiese Resultate sind zu messen an den Anforderungen des Verkehrsverlagerungsgesetzes:650’000 Fahrten pro Jahr spätestens zwei Jahre nach Eröffnung des Lötschberg-Basistunnels
für die erste Zweijahresperiode nach Inkrafttreten des Landverkehrsabkommens Stabilisierung auf dem Stand des Jahres 2000
Gemessen an diesen Latten, befanden wir uns 2001 trotz Unfalls am Gotthard nicht vollständig auf dem geforderten Stabilisierungskurs. Im laufenden Jahr scheint die Stabilisierung auf dem Niveau des Jahres 2000 dank dem eingeführten Dosierungssystem annähernd erreichbar, wenn der Verkehr nicht einfach auf die Walliser Pässe ausweicht. Es zeigt sich, dass die getroffenen Massnahmen Wirkung zeitigten, und es ist erfreulich, dass die von vielen Leuten befürchtete Lastwagenlawine infolge Zulassung höherer Gewichte durch die LSVA eingermassen neutralisiert bzw. auf das übliche Wachstum abgebremst werden konnte. In einer Pressemitteilung nach Bekanntwerden der provisorischen Daten vor drei Wochen haben wir von einer „erst schwachen Morgenröte“ gesprochen. Das gilt weiterhin. Die eingeschlagene Richtung ist richtig. Aber die Resultate sind noch ungenügend. Die beschlossenen Massnahmen müssen schneller umgesetzt werden, und das Instrumentarium muss erweitert werden. Denn jetzt muss der Übergang von der Stabilisierung zur effektiven Reduktion eingeleitet werden. Die Strassentransportverbände versuchen uns immer weis zu machen, die schweizerische Verkehrspolitik sei eine blanke Katastrophe und verweisen auf die Staus auf der Strasse. Für die betroffene Bevölkerung an den Transitachsen bringt sie aber erstmals die Trendwende im Verkehrswachstum in Griffnähe. Der eingeschlagene Weg muss jetzt konsequent – auch gegen den Widerstand des Strassentransportgewerbes – weitergeführt werden, so wie es das Volk beschlossen hat. Dabei wird uns die Einführung der LSVA in Deutschland und die Revision der Eurovignettenrichtlinie in der EU sowie das zweite Reformpaket der EU-Kommission zur Wiederbelebung der Eisenbahn helfen. Wie soll es weitergehen?Durch das Verkehrsverlagerunggesetz ist das Vorgehen vorgezeichnet: „Falls das Verlagerungsziel nach den Absätzen 1 und 2 gefährdet erscheint, legt der Bundesrat Zwischen-schritte für die Verlagerung fest und trifft die notwendigen Massnahmen oder beantragt diese der Bundesversammlung. …. “ (Art. 1 Abs. 3) Im heutigen Zeitpunkt kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem jetzigen Instrumentarium eine effektive Reduktion auf die geforderten 650’000 Fahrten innerhalb der gesetzten Frist erreichbar ist. Es liegt also am Bundesrat, weitere Massnahmen einzuleiten. Unsern Vorschlag – die Alpentransitbörse – werden wir anschliessend vorstellen. Wir möchten in diesem Zusammenhang den zweiten Satz von Abs. 2 des Alpenschutzartikels (Art. 84 BV) in Erinnerung rufen: „Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen.“ Das bedeutet im Klartext: Der Bundesrat hat die Kompetenz, auf dem Verordnungsweg die nötigen Massnahmen zu ergreifen. Das gibt ihm genügend Handlungsspielraum. Konkret fordert die Alpen-Initiative:Es muss ein neues Massnahmenpaket beschlossen werden, das die Alpentransitbörse enthält.
Die beschlossenen Massnahmen im Bereich der LKW-Kontrolle müssen schneller umgesetzt werden. Die geplanten Kontrollzentren dürfen nicht als Ausstellplätze für LKW zweckentfremdet werden.
Auf den Bau von Ausstellplätzen für LKW ist zu verzichten.
Das Nachtfahrverbot, das Dosierungssystem und andere Bestimmungen zur Einschränkung des Schwerverkehr dürfen nicht aufgeweicht werden.
Die Effizienz der Unterstützungsgelder für den Eisenbahngüterverkehr muss durch Einsatz externer Experten überprüft und allenfalls verbessert werde.
Die internationale Zusammenarbeit muss auf Ebene der Politik und der Bahnen verstärkt fortgesetzt werden.
Die Verlagerung ist auch als Auftrag des Bundes an die SBB klar festzuhalten.
Die Umrüstung der Lastwagen auf Kombiverkehr ist finanziell zu unterstützen.
Die Arbeitsbedingungen der Chauffeure sind zu verbessern.