16. September 2015

Der Marktanteil der Schiene im alpenquerenden Güterverkehr ist im ersten Halbjahr 2015 auf 69,2 Prozent gestiegen. Diese positive Entwicklung würde durch die 2. Strassenröhre am Gotthard zunichte gemacht. Das zeigen die Alpenübergänge in Österreich, Frankreich und Italien, wo die Zahl der Lastwagenfahrten stetig zunimmt.

Die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Verkehr zeigen: Der Trend der zunehmenden Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene hat sich auch im ersten Halbjahr 2015 fortgesetzt. Manuel Herrmann, Leiter Alpenschutzpolitik der Alpen-Initiative, sagt: «Wir begrüssen diese positive Entwicklung. Man darf sich aber nicht täuschen lassen: Wir sind noch lange nicht dort, wo die Schweiz laut Verfassung sein müsste. Der Bundesrat missachtet konstant das im Gesetz festgeschriebene Ziel von maximal 650’000 alpenquerenden Lastwagen pro Jahr.»

Die Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels im nächsten Jahr bietet die Gelegenheit, der Verlagerung endgültig zum Durchbruch zu verhelfen. Doch dazu braucht es weitere Anstrengungen. «Ein Lastwagen, der die Schweiz von Norden nach Süden durchquert, zahlt heute 40 Franken zu wenig. Deshalb muss die LSVA dringend nach oben angepasst werden», sagt Manuel Herrmann. Im Frühling hatte sich der Bundesrat wegen der Frankenstärke erneut gegen eine Anpassung entschieden. Dabei spart ein durchschnittlicher Lastwagen nur schon wegen des tiefen Dieselpreises pro Durchfahrt 25 Franken im Vergleich zum Vorjahr. Kapazitäten gibt es auf der Schiene genug. Im ersten Halbjahr waren die alpenquerenden Strecken nur zu 57 Prozent ausgelastet.

Ein völlig falscher Anreiz wäre der Bau einer 2. Gotthardröhre. «Mit der 2. Röhre wird die Schweiz zur kürzesten vierspurigen Strassenverbindung zwischen Nord- und Südeuropa», warnt Manuel Herrmann. Die Folge wird eine Rückverlagerung der Gütertransporte auf die Strasse und die Verdoppelung des Transitverkehrs durch die Schweiz sein. Der Blick in die umliegenden Alpenländer zeigt: Während in der Schweiz der Güterverkehr auf der Strasse tendenziell abnimmt, zeigt die Entwicklung etwa am Brenner (Österreich/Italien) in eine ganz andere Richtung: Der Brenner hat vier Spuren und muss doppelt so viele Lastwagen verkraften wie der Gotthard, nämlich 2 Millionen. «Eine solche Lastwagenlawine kommt bei einer 2. Röhre auf uns zu», sagt Manuel Herrmann.

Kontakt
Manuel Herrmann, Leiter Alpenschutzpolitik, 078 765 61 16