Fabio Pedrina, Nationalrat (SP/TI), Präsident der Alpen-Initiative
Mit einer konsequenten Weiterentwicklung der Verlagerungspolitik ist es möglich, das Verlagerungsziel gemäss Vorgaben des Gesetzes im Jahr 2009 zu erreichen. Dazu ist eine Kombination von Massnahmen in den Bereichen Sicherheit, Kontrolle und Bahnangebot sowie eine Alpentransitbörse nötig.
Stufe 1 (2006) – Ziel: 1’050’000 LKW Verschärfung des Dosiersystems: Im ersten Schritt ist das 2002 eingeführt Dosiersystem zu verschärfen. Die heutige Dosierung beruht auf der Annahme, dass nie zwei Lastwagen gleichzeitig den Höhepunkt ihrer Brandleistung entwickeln. Die Annahme ist optimistisch. Trotz Dosierung hat im Frühling 2005 auch im Fréjus-Tunnel ein Lastwagen gebrannt und den Tunnel für einige Zeit ausser Betrieb gesetzt. Dieses Risiko dürfen wir nicht eingehen. Durch eine Vergrösserung des Sicherheitsabstandes von heute 150 auf ca. 250 Meter kann das Risiko markant verringert werden.
Mehr LKW-Kontrollen: Die Kontrollzentren an der Gotthardachse werden erst 2009 und später eröffnet. Bis dahin müssen die mobilen Kontrollen insbesondere an den Grenzübergängen intensiviert werden. Das erlaubt gleichzeitig, eine gestaffelte Erhöhung des Personalbestandes im Hinblick auf die Eröffnung der Kontrollzentren.
Stufe 2 (2007) – Ziel: 900’000 LKW Reservationspflicht als Vorstufe zur Alpentransitbörse: Um das Gefahrenpotential im Gotthardtunnel signifikant zu reduzieren, dürfen bei einer Kollision von zwei Lastwagen die sicherheitsmässig gerade noch beherrschbare Brandleistung von 50 MW nicht überschritten werden. Eine entsprechende Dosierung des LKW-Verkehrs im Tunnel bedingt die Kenntnis der Brandleistung jedes LKW’s inkl. Ladung. Dies kann durch eine Reservationspflicht erreicht werden, bei welcher gleichzeitig der Energiewert des Fahrzeugs und der Ladung deklariert werden müssen. Damit können auch erste Erfahrungen für die Alpentransitbörse gesammelt werden, die ebenfalls die Ausgabe von Transittickets erfordert.
Abstellplätze light: Die Alpen-Initiative hat durch ein Ingenieurbüro abklären lassen, wo Autobahnabschnitte vorhanden sind, auf denen ohne Risiko eine begrenzte Zahl von Fahrzeugen abgestellt werden können. In diesen Räumen kann vorübergehend (bis zur Eröffnung der Kontrollzentren) die nötige Sortierung der Fahrzeuge vorgenommen werden.
Verschärfte Sanktionen: Die Verstösse gegen Gesetz und Verordnung sind im Strassentransportgewerbe zahlreich und tragen wesentlich zu dessen billigem Angebot bei. Die Sanktionen sind aber derart schwach, dass vermehrte Kontrollen allein nicht genügen. Eine Verschärfung bedingt möglicherweise eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen, auf jeden Fall aber der entsprechenden Verordnungen, was eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
Aufbau der Bahnkapazitäten: Die Übernahme der Hälfte des alpenquerenden Strassentransportes von ca. 6 Mio. Tonnen entspricht einer Steigerung des Güteraufkommens der Bahn von ca. 36 auf 42 Mio. Tonnen (+17%). Die Bahnunternehmungen müssen etwas Zeit haben, das nötige Rollmaterial und allenfalls nötige Änderungen an der Infrastruktur und in der Organisation bereitzustellen. Dies soll in dieser Periode passieren.
Stufe 3a (2008) – Ziel: 750.000 LKW Einführung der Alpentransitbörse: Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die internationalen Verhandlungen abgeschlossen und die nötige Infrastruktur (Internet-Börse, Kontrolleinrichtungen, provisorische Abstellplätze) geschaffen sein, so dass erstmals die Alpentransitbörse den Betrieb aufnehmen kann. Das erlaubt nochmals eine Senkung der Zahl der LKW-Fahrten. Die Alpentransitbörse erlaubt eine zielgenaue Regulierung der Transitfahrten. Um der Wirtschaft und den Transportunternehmungen für die Anpassung an die neue Regelung genügend Zeit zu lassen, empfiehlt es sich, die Zahl der Fahrten nicht von einem Jahr auf das andere auf das angestrebte Niveau von 650’000 Fahrten abzusenken, sondern ein stufenweises Vorgehen zu wählen.
Erhöhung der LSVA: In einer Abschlusserklärung zum Landverkehrsabkommen hat sich die Schweiz verpflichtet, die LSVA bis zur Eröffnung des Basistunnels am Lötschberg, mindestens aber bis zum 1.1.2008 tiefer anzusetzen als im Artikel 40.4 festgehalten (im gewichteten Durchschnitt Fr. 292.50 statt Fr. 325.00). Die Schweiz kann deshalb die LSVA am 1.1.08 nochmals um gut 10% anheben.
Vertaktetes Rola- bzw. UKV-Angebot: Die Einführung der Alpentransitbörse muss einhergehen mit der gleichzeitigen Verbesserung des Bahnangebots. Der garantierte Umsatz im Bahntransport sollte der Bahn erlauben, ihr Angebot entsprechend zu verbessern.
Stufe 3b (bis Ende 2009) – Ziel 650’000 LKW Reduktion der Anzahl Alpentransittickets: Im Jahr 2009 muss gemäss Verkehrsverlagerungsgesetz das Verlagerungsziel erreicht. Also muss die Zahl der Transittickets in diesem Jahr um die letzte Stufe abgesenkt werden. Eine Reduktion von ca. 750’000 (2008) auf 650’000 (2009) entspricht einer Reduktion von ca. 13%, was in etwa den Auswirkungen einer Konjunkturschwankung gleichkommt. Eine zeitgerechte Zielerreichung ist alles andere als unmöglich: Man muss nur die nötigen Massnahmen beschliessen. Diese stehen zur Verfügung, und die Bundesverfassung verpflichtet den Bundesrat dazu.