Es ist für das Tessiner „Komitee gegen eine 2. Gotthardröhre“ unverständlich, dass der Tessiner Staatsrat weiterhin so offensiv für eine 2. Röhre am Gotthard Stellung bezieht. Die Tessiner Bürgerinnen und Bürger haben schon zwei Mal NEIN gesagt: 1994 mit der Annahme der Alpeninitiative und 2004 bei der Abstimmung zum Avanti-Gegenvorschlag. Fakt ist: Stehen einmal vier Fahrbahnen zur Verfügung, werden diese früher oder später auch benützt. Dafür werden EU und Lastwagenlobby sorgen. Für den Südkanton indessen bedeutet ein 2. Strassentunnel am Gotthard nur Mehrverkehr, doppelt so viele Lastwagen, Luftverschmutzung und Gesundheitsschäden. Auch die Tourismusbranche würde unter der Verdoppelung leiden. Wer würde seine Ferien schon am künftig wichtigsten europäischen Transitkorridor verbringen?
Wird am Gotthard eine 2. Röhre gebaut, stehen de facto vier Spuren zur Verfügung. Der Bundesrat will mit einem Gesetz zwar festlegen, dass davon nur zwei benützt werden. Die Gesetzgebung kann aber jederzeit geändert werden. Schon heute werden bei dichtem Verkehr etliche Pannenstreifen für den Verkehr geöffnet. Wer kann garantieren, dass es bei Stau nicht auch am Gotthard zur Öffnung aller vier Spuren kommt? Zudem wird der Druck der EU und der Lastwagenlobby enorm sein. Das Bankgeheimnis ist nur ein Beispiel, bei dem unser Land dem ausländischen Druck nicht standhalten konnte.
Mit einer 2. Strassenröhre am Gotthard wird die Gotthardachse zur kürzesten Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa. Am Brenner verkehren heute jährlich schon zwei Millionen Lastwagen. Für gut 650’000 dieser Lastwagen wäre der Transit am Gotthard vorteilhaft. Sobald die nötigen Strassenkapazitäten zur Verfügung stehen, werden sie diese Route wählen. Der Kanton Tessin aber hat wirklich kein Interesse, zur wichtigsten europäischen Verkehrsachse zu werden. Seit der Eröffnung des ersten Strassentunnels am Gotthard im Jahre 1980 gehen die Hotelübernachtungen im Tessin zurück. Ein grosser Teil der Touristen passiert den Südkanton und fährt nach Italien, wo es ebenso schöne und vor allem billigere Feriendestinationen gibt. Will die Tessiner Kantonsregierung diesen Trend tatsächlich noch stärken?
Mit einem effizienten Verladesystem, dem Gotthard- und Ceneri-Basistunnel, den Alpenpässen und den bestehenden Tunnels wird der Südkanton immer gut erreichbar sein. Bahnverlad von Grenze zu Grenze für den Transitverkehr und bescheidene Verladeanlagen in den Kantonen Tessin und Uri können den Güterverkehr während der Sanierung des Strassentunnels bewältigen. Und auch für den Personenverkehr bestehen mit einem Autoverlad im verkehrsärmeren Winterhalbjahr genügend Kapazitäten auf der Schiene zur Verfügung. Im Sommer bleibt der Strassentunnel geöffnet. Die Sicherheit als Argument für eine zweite Röhre anzuführen, ist wenig überzeugend. Auch wenn heute die Fahrt durch den Tunnel bei einigen Leuten mulmige Gefühle auslöst, ist der Tunnel nicht gefährlicher als andere Autobahnabschnitte. Hingegen würde das Unfallrisiko bei einer Zunahme des Verkehrs – was im Hinblick auf eine 2. Röhre realistisch erscheint – auf der gesamten Autobahn zwischen Chiasso und Basel zunehmen!
Kontakt:
Tessiner Komitee gegen eine 2. Gotthardröhre
Fabio Pedrina, alt Nationalrat, 079 249 29 42
Werner Herger, 079 463 73 99