24. Februar 2015

Es gibt kaum Spielraum für Anpassungen oder Änderungen am Verlagerungsziel. Dies hält eine Studie des Instituts für Europarecht der Universität Fribourg fest. Die Alpen-Initiative wehrt sich gegen alle offenen und verdeckten Angriffe auf den Verfassungsartikel zum Schutz der Alpen vor dem Transitverkehr.

«Die Aufweichung des Verlagerungsziels, zusammen mit einem Ja zur zweiten Röhre, wären das Ende der jahrzehntelangen Anstrengungen, den Schwerverkehr von der Strasse auf die Schiene zur bringen», sagte Jon Pult, Präsident der Alpen-Initiative, vor den Medien in Bern. Die Folge wäre eine massive Rückverlagerung der Gütertransporte auf die Strasse. Und dies ausgerechnet im Jahr der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels, des grössten Infrastrukturprojekts der Schweizer Geschichte.

Der Artikel 84 der Schweizer Bundesverfassung zum Alpenschutz wird zurzeit gleich doppelt attackiert. Bundesrat und Parlament planen am Gotthard die 2. Strassenröhre. Zudem wird vom Bundesrat seit 2013 das Verlagerungsziel, wie es im Güterverkehrsverlagerungsgesetz (GVVG) formuliert ist, in Frage gestellt. Das geht nicht. Das Ziel wurde direkt aus der Verfassung abgeleitet und besagt, dass 2018 nur noch 650’000 Lastwagen pro Jahr die Alpen durchqueren dürfen.

Klare Worte finden sich in der Studie des Instituts für Europarecht der Universität Fribourg, verfasst von Markus Kern in Zusammenarbeit mit Astrid Epiney. Die Studie trägt den Titel «Vorgaben des Alpenschutzartikels der Bundesverfassung (Art. 84 BV) im Hinblick auf die Ausgestaltung des Verlagerungsziels für den alpenquerenden Güterschwerverkehr». Markus Kern betonte vor den Medien, dass der Bund die Verfassung verletze, da die Zahl der alpenquerenden Lastwagen mit 1’143‘000 Fahrten (2013) weit über dem Verlagerungsziel liege. Für die beiden Autoren der Studie besteht nur begrenzt Spielraum für eine weitere Erstreckung der Verlagerungsfrist und ebenso wenig für eine Aufweichung der Verbindlichkeit im Sinne eines blossen Richtwerts. Markus Kern hielt fest, dass die Tatsache, «dass der Alpenschutzartikel in Bezug auf Umsetzungsfrist nicht eingehalten wurde, nicht bewirkt, dass deshalb die Bestimmung als Ganzes an Verbindlichkeit einbüssen würde.»

Regula Rytz, Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative, sagte: „Mit einer Aufweichung der Verlagerungspolitik und dem Bau einer 2. Gotthardröhre stellen wir nicht nur den Alpenschutz und somit die Lebensqualität in den Alpen infrage, sondern ebenso die Klimapolitik. Keine Energiewende ohne Verkehrswende.“ Der Genfer Laurent Seydoux, ebenfalls Vorstandsmitglied der Alpen-Initiative, richtete eine konkrete Forderung an den Bundesrat, der Ende Jahr über seine Bilanz zur Verlagerung präsentieren muss: „ Anstatt erneut seine Untätigkeit zu beschönigen oder gar das Ziel infrage zu stellen, sollte der Bundesrat endlich einen konkreten Massnahmenplan präsentieren, wie das vom Volk geforderte Verlagerungsziel erreicht werden kann.“

Dazu gehören die Ausschöpfung der LSVA, wie das im Landverkehrsabkommen vorgesehen ist, die gezielte Förderung von technischen Innovationen im Schienengüterverkehr und ernsthafte Verhandlungen über eine Alpentransitbörse. Eine Aufweichung des Verlagerungsziels und der Bau einer 2. Gotthardröhre dagegen untergraben die Glaubwürdigkeit der Schweiz gegenüber der EU.

Kontakt
Jon Pult, Präsident Alpen-Initiative, 076 508 16 33
Markus Kern, Institut für Europarecht der Universität Fribourg, 079 758 25 52
Regula Rytz, Vorstand Alpen-Initiative, Nationalrätin Grüne BE, 079 353 86 38
Laurent Seydoux, Vorstand Alpen-Initiative, Vize-Präsident GLP Schweiz GE,
079 203 74 05
Referate
Jon Pult, Präsident Alpen-Initiative

Markus Kern, Institut für Europarecht der Universität Fribourg

Regula Rytz, Vorstand Alpen-Initiative, Nationalrätin Grüne BE

Laurent Seydoux, Vorstand Alpen-Initiative, Vize-Präsident GLP Schweiz GE

Studie: «Vorgaben des Alpenschutzartikels der Bundesverfassung (Art. 84 BV) im Hinblick auf die Ausgestaltung des Verlagerungsziels für den alpenquerenden Güterschwerverkehr» (pdf)