Die Begrenzung des alpenquerenden Güterverkehrs über die Strasse ist mit dem 1994 angenommenen Alpenschutzartikel in der Verfassung verankert. Auch wenn sich seit 2000 die Zahl der alpenquerenden LKW-Fahrten um knapp 10% reduziert hat, liegen die gesteckten Ziele nach wie vor in weiter Ferne.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Zahl der LKW-Fahrten 2007 und 2008 wieder zugenommen hat, stellt sich die Frage, ob die eingeschlagene offizielle Verlagerungspolitik genügend ist. Diese erwartet sehr viel Wirkung vom Gotthard-Basistunnel (GBT), der voraussichtlich Ende 2017 eröffnet wird.
Sowohl die mit dem GBT verbundenen Produktivitäts- als auch Verlagerungseffekte sind bislang noch kaum quantifiziert worden. Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag, um diese Lücken zu schliessen.
Beruhend auf neun stark frequentierten Relationen wurden die mit dem GBT realisierbaren Produktivitätsgewinne in Form von Kosteneinsparungen ermittelt. Berücksichtigt wurden folgende Transportmodi: LKW, Rollende Landstrasse (RoLa), unbegleiteter kombinierter Verkehr (UKV) und Wagenladungsverkehr (WLV).
Für den Schienenverkehr wird ein durchschnittlicher Produktivitätseffekt des GBT von 4% ermittelt. Am deutlichsten sind die Gewinne bei der RoLa, gefolgt vom UKV und WLV. Da sich der GBT nur auf den Streckenabschnitt in der Schweiz auswirkt, nimmt der Produktivitätseffekt mit zunehmender Transportdistanz ab. Da ein erheblicher Teil der Güter über weite Strecken transportiert wird, werden die in der Schweiz sichtbaren erheblichen Produktivitätseffekte relativiert.
Die Verlagerungswirkung kann nicht genau prognostiziert werden. Als Obergrenze wird eine Verschiebung im Modal-Split in Höhe von 2.5 Prozentpunkten berechnet: Der Marktanteil der Schiene würde von 62.0% auf 64.5% ansteigen, derjenige der Strasse von 38.0% auf 35.5% fallen. Diese Wirkung ist bei weitem nicht ausreichend, um das anvisierte Ziel von 650’000 alpenquerenden LKW-Fahrten durch die Schweiz zu erfüllen. Dies würde Verschiebungen ganz anderer Grössenordnung voraussetzten: Unter der Annahme, dass das gesamte Güterverkehrsaufkommen bis 2019 auf 60 Mio. Nettotonnen ansteigt, müsste der Marktanteil der Strasse auf rund 15% absinken. Konsequenz dieser Feststellungen ist, dass der GBT wohl eine sehr wichtige Voraussetzung für eine effiziente Verlagerungspolitik ist.
Eine effektive bzw. zielorientierte Verlagerung bedarf einer ganzen Palette weiterer Massnahmen wie beispielsweise die von der Alpen-Initiative lancierte Idee einer Alpentransitbörse, die Einführung eines Emissionshandelsystems und/oder Anpassungen bei den Strassenbenützungsgebühren. Für eine effektivere und möglichst reibungslose Verlagerung spielt der GBT eine wichtige Rolle, da er neben besseren Verbindungen auch höhere Kapazitäten im Schienenverkehr bringt.
Verlagerungswirkung des Gotthardbasistunnels im Güterverkehr
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