4. Oktober 2002

Von Fabio Pedrina, Nationalrat
Es gibt unzählige Beispiele für unsinnige Transporte: skandinavische Schalentiere welche in Marokko geschält werden oder Kehricht aus Italien der in Deutschland verbrannt wird etc. Gemeinsames Merkmal: Sie verursachen unnötigen Verkehr und belasten die Umwelt. Anlässlich des internationalen ITE Aktionstags macht die Alpen-Initiative auf diesen Transport-Unsinn aufmerksam.

Um von unsinnigen Transporten sprechen zu können, muss man sich zuerst fragen, was denn sinnvolle Transporte sind: Sinnvolle Transporte müssen wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltig sein. Transporte sollen nur dann durchgeführt werden, wenn sie die Bedürfnisse der Bevölkerung abdecken, die Lebensqualität und Arbeitsqualität garantieren sowie die Umwelt möglichst wenig belasten und alle Grenzwerte respektieren. Wir sollten nur so viel wie nötig, nur so weit als nötig und mittels dem umweltverträglichsten Verkehrsträger transportieren. Die aktuelle Situation entspricht allerdings dem Gegenteil. Wir transportieren zu viel, zu weit und zu umweltverschmutzend. Die Ursachen für diese Situation sind einerseits im heutigen Verkehrssystem sowie im aktuellen Wirtschaftssystem zu finden.

Problemkreis Verkehrssystem
Der Strassenverkehr ist weltweit zu billig, da er seine externen Kosten nur ungenügend deckt. Alle externen Kosten des Verkehrs müssen sich im Kaufpreis eines Produktes widerspiegeln, auch die Schäden für die Umwelt, das Klima und die Bevölkerung. Dies ist allerdings nicht der Fall, die Transportkosten eines Produkts tragen nur minimal zu den Gesamtkosten von Konsumgütern bei. Der Strasse hat einen Konkurrenzvorteil gegenüber der Schiene und anderen Verkehrsträgern.
Die Schweiz geht in dieser Hinsicht als gutes Beispiel voran, die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe LSVA ist ein System um die externen Kosten zu decken, sie muss umgehend in voller Höhe umgesetzt werden. Auch auf europäischer Ebene wird für eine Schwerverkehrsabgabe gekämpft. So wurde anlässlich des ITE-Aktionstags im Jahre 1999 eine Petition an das EU-Parlament von 500 Organisation unterzeichnet.

Problemkreis Wirtschaftssystem
Die Ursachen für unsinnige Transporte liegen im Wandel des heutigen Wirtschaftssystems. Produktionsschritte werden auslagert und in spezialisierten Grossbetrieben zentralisiert. Ehemals handwerkliche Produktionsformen sind heute industrialisiert. Durch „Just in Time“ – Transporte findet die Lagerhaltung auf der Strasse statt, was zu kleinen und flexiblen Sendungen führt, welche aber deutlich mehr Verkehr verursachen. Auch Währungs- und Lohndifferenzen können unnötige Transporte auslösen.
Zudem werden unsinnige Transporte auch durch politische Rahmenbedingungen erleichtert. Schwierig durchschaubare (Export-)Subventionsvorschriften und sonstige Reglemente setzen falsche Anreize und machen es attraktiv Produkte über längere Strecken zu transportieren.

Schalentiere reisen 10’000 Kilometer auf Europas Strassen
Lebensmittel werden heute nur noch selten in der Region produziert, in der sie verbraucht werden. So werden beispielsweise frische Schalentiere in Skandinavien gefangen und auf der Strasse per LKW nach Marokko gefahren. Dort werden sie in 5˚C kalten Räumen von Einheimischen zu äusserst tiefen Löhnen geschält, bevor sie denselben Weg wieder zum Ausgangspunkt zurücklegen, wo die Tiere pfannenfertig verkauft werden.

„Augen auf“ und bewusst Einkaufen
Die KonsumentInnen sind diesen Tatsachen nicht hilflos ausgeliefert. Oft genügt es, bewusst und mit einem kritischen Blick einzukaufen: Ist es wirklich nötig im Winter Erdbeeren zu essen? Müssen die Äpfel wirklich aus Südafrika stammen? Auch Wein aus Australien, Kalifornien oder Chile macht eine Reise um den halben Globus und verursacht dementsprechend unnötigen Verkehr.
Darum gilt beim Einkauf erstens das Motto „Augen auf!“, denn häufig findet sich die genaue Herkunftsbezeichnung nur im Kleingedruckten. Zweitens gilt es auch zu handeln und eigene Konsumgewohnheiten anzupassen, und regionale Produkt zu bevorzugen.

Die Vorteile regionaler Produkte
Regionale Produkte sind für die KonsumentInnen, die Allgemeinheit und die regionale Wirtschaft vorteilhaft:
Dank regionalen und der Saison entsprechenden Lebensmittel ernähren wir uns selbst besser. Denn lokale Produkte sind frisch, gesund und abwechslungsreich.
Die Vorteile für die Allgemeinheit sind ebenso klar: Weniger Fahrten und kurze Distanzen vermeiden Verkehr, somit sind die Umweltbelastungen geringer – es kann ein Beitrag zur Verminderung des Klimawandels geleistet werden.
Auch die regionale Wirtschaft profitiert: Hochwertige Arbeitsplätze werden erhalten und gefördert. Regionale Wirtschaftskreisläufe können gestärkt und die Bio-Landwirtschaft noch mehr entwickelt werden. Auch die Raumordnung wird verbessert.

Schluss mit unsinnigen Transporten!
Wir Konsumenten sitzen an der Quelle, um Unsinnstransporte zu vermeiden. Allerdings sind auch Wirtschaft und Politik gefordert. Unternehmen, die ihre umweltfreundliche und nachhaltige Produktionsweise loben und gleichzeitig unsinnige Transporte veranlassen, sind nicht glaubwürdig. Auch die Politik muss Bedingungen schaffen, dass sich unsinnige Transporte ökonomisch nicht mehr rechnen. Im weiteren müssen die Deklarationen auf den Produkten weiter verbessert werden, denn für die KonsumentInnen bleibt es weiterhin äußerst schwierig die Herkunft eines Produktes festzustellen.
Das folgende Beispiel zeigt, dass auch ein Schweizer Produkt wie Rahm 2000 Kilometer mit dem Lastwagen zurücklegt, bevor es beim Konsumenten in der Schweiz auf dem Kaffeetisch landet.