Zum Beispiel die CVP-Frauen, die junge CVP, die Grünliberalen Schweiz, die EVP, Umweltfreisinnige aus St. Gallen und dem Tessin, grosse Kantone wie Basel-Stadt, Bern, Genf, St. Gallen, Waadt und das Neuenburger Parlament, der Gotthardkanton Uri, die Schweizer Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten – sie alle lehnen eine zweite Röhre am Gotthard ab.
tob. Nein, die Gegnerinnen und Gegner der zweiten Gotthardröhre lassen sich nicht in einer einzigen Schublade versorgen. Selbst die Partei von Verkehrsministerin Doris Leuthard ist gespalten. So haben sich die CVP-Frauen und die junge CVP Schweiz gegen Leuthards Pläne für eine zweite Röhre gestellt. Das hat die Vernehmlassung zur Sanierung des Gotthardtunnels gezeigt.
Kühner Schwindel
Die CVP-Frauen weisen unter anderem darauf hin, dass ab 2016 die für 20 Milliarden Franken gebaute NEAT in Betrieb sein wird und diese neue Schienenverbindung vom und ins Tessin «effizient und voll ausgelastet werden muss». Bei einer zweiten Strassenröhre wäre dies nicht der Fall. Und bezüglich Sicherheit halten die CVP-Frauen fest: «Effektiver als richtungsgetrennte Spuren wäre ein grundsätzliches Verbot für Lastwagen im Tunnel.» Die Delegiertenversammlung der jungen CVP hat sich ebenfalls deutlich gegen eine zweite Röhre ausgesprochen. Sie erachtet es als unrealistisch, dass im Falle des Baus einer zweiten Röhre beide nur einspurig befahren würden, wie das der Bundesrat verspricht. Mit der Argumentation des Bundesrats werde das Volk angeschwindelt, sagt die junge CVP.
Wertlose Garantien
Die Kantone Bern, Basel-Stadt, Genf, St. Gallen, Uri, Waadt und Neuenburg (Parlament) lehnen eine zweite Röhre unmissverständlich ab. Interessant sind auch die Antworten weiterer 11 Kantone, von Basel-Landschaft über Freiburg, Glarus, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Schwyz, Thurgau und Wallis bis Zürich. Sie knüpfen ihr Ja zur zweiten Röhre an ein grosses «Aber». Konkret wollen sie Garantien, dass die zweite Röhre finanziell keinerlei Auswirkungen auf «Betrieb, Unterhalt und Ausbau der Verkehrsinfra-struktur an anderen Orten haben dürfe, insbesondere in den Agglomerationen». Diese Forderung erheben auch der Städteverband, Centre Patronal und die Fédération des Entreprises Romandes. Jedoch: Was auch immer der Bundesrat den einzelnen Regionen verspricht, verbindliche Zusagen für den Bau aller Projekte kann er nicht abgeben. Schon jetzt hat der Bund zu wenig Geld für die dringendsten Vorhaben. Diese reale Finanzknapp-heit macht die politischen Versprechen wertlos – und die «Ja, aber» voraussichtlich zu «Neins».
Untaugliche Versprechen
In fast allen Vernehmlassungsantworten wird betont, dass die Strassenkapazität am Gotthard nicht erhöht werden darf. Ehrlicherweise muss man da sagen: Wenn die zweite Röhre erst einmal zur Verfügung steht, lässt sich keine Einschränkung mehr verteidigen. Schon heute hat der Bund «verschiedene Massnahmen eingeleitet, um die verfügbaren Kapazitäten besser zu bewirtschaften, den Verkehrsfluss zu erhöhen und Staus zu verringern». Dazu gehört offiziell auch die Umnutzung von 125 Kilometern Pannenstreifen! Das heisst: Kein Gesetz wird die vierspurige Benutzung der Gotthardröhre verhindern können. Auch das Landverkehrsabkommen mit der EU erlaubt keine künstlichen Einschränkungen der verfügbaren Kapazitäten.
Wen wundert es also, dass etwa die Kantone Aargau und Obwalden und die SBB fordern, dass nicht nur in einem Gesetz, sondern auch in einem Vertrag mit der EU geregelt werden soll, dass die zwei Röhren nur je einspurig benützt würden. Dass die EU darauf einsteigt ist ebenso unwahrscheinlich wie ein EU-Beitrittsgesuch der SVP. Das heisst: Wer die Kapazität beschränkt halten will, kann nur gegen eine zweite Röhre sein. Ist das Loch tatsächlich da, helfen alle Versprechen nichts. Und was taugt ein Gesetz, das heute beschlossen wird und erst 2030 angewendet werden soll, wenn die zwei Röhren bereit wären und sich Doris Leuthard im Ruhestand befindet? Auch da muss man ehrlicherweise sagen: So ein Gesetz taugt nichts.